Organisation der Arbeit des Rates Fahnen der EU-Mitgliedstaaten © European Parliament Fahnen der EU-Mitgliedstaaten Coreper Jeder Mitgliedstaat verfügt in Brüssel über ein ständiges Team von Mitarbeitern („Vertretung“), die ihn vertreten und seine nationalen Interessen auf EU-Ebene wahren. Die Leiter dieser Vertretungen sind praktisch die Botschafter ihrer Länder bei der EU. Diese Botschafter (die als „ständige Vertreter“ bezeichnet werden) tagen wöchentlich im Ausschuss der ständigen Vertreter, für den die französische Abkürzung Coreper (Comité des représentants permanents) gebräuchlich ist. Dieser Ausschuss hat die Aufgabe, die Arbeit des Rates vorzubereiten. Ausgenommen sind die meisten Landwirtschaftsfragen, die vom Sonderausschuss Landwirtschaft behandelt werden. Der Coreper wird von einer Reihe von Arbeitsgruppen unterstützt, die aus Beamten der nationalen Verwaltungen bestehen. Der Vorsitz im Rat Der Vorsitz im Rat wechselt alle sechs Monate. Das bedeutet, dass alle EU-Staaten abwechselnd jeweils sechs Monate lang für die Tagesordnung des Rates verantwortlich sind und den Vorsitz in allen Tagungen führen, wobei sie gesetzgeberische und politische Entscheidungen vorantreiben und Kompromisse unter den Mitgliedstaaten vermitteln. Wenn zum Beispiel eine Tagung des Umweltrates für das zweite Halbjahr 2006 angesetzt ist, so wird sie vom finnischen Umweltminister geleitet, da Finnland zu dieser Zeit den Vorsitz im Rat innehat. Liste der Präsidentschaften des Rates der EU bis Juni 2020 Das Generalsekretariat Der Vorsitz wird vom Generalsekretariat unterstützt, das für die Vorbereitung und den reibungslosen Ablauf der Arbeiten des Rates auf allen Ebenen sorgt. Javier Solana wurde 2004 erneut zum Generalsekretär des Rates ernannt. Er ist auch der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und koordiniert in dieser Eigenschaft ebenfalls die EU-Maßnahmen auf internationaler Ebene. In der neuen Vertrag von Lissabon ist vorgesehen, dass der Hohe Vertreter durch einen EU-Außenminister ersetzt wird. Dem Generalsekretär steht ein Stellvertretender Generalsekretär zur Seite, der mit der organisatorischen Leitung des Generalsekretariats betraut ist. Wie viele Stimmen hat jedes Land? Beschlüsse im Rat werden per Abstimmung gefasst.Je größer die Einwohnerzahl eines Landes ist, desto mehr Stimmen hat es, jedoch wird die Zahl der Stimmen zugunsten der bevölkerungsschwächeren Länder angepasst: Deutschland, Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich: 29 Spanien und Polen: 27 Rumänien: 14 Niederlande: 13 Belgien, Tschechien, Griechenland, Ungarn und Portugal: 12 Bulgarien, Österreich und Schweden: 10 Dänemark, Irland, Litauen, Slowakei und Finnland: 7 Zypern, Estland, Lettland, Luxemburg und Slowenien: 4 Malta: 3 GESAMT 345 Seitenanfang „Qualifizierte Mehrheit“ In einigen besonders sensiblen Bereichen wie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Steuer-, Asyl- und Einwanderungspolitik müssen die Beschlüsse des Rates einstimmig gefasst werden. Mit anderen Worten: Jeder Mitgliedstaat kann in diesen Bereichen ein Veto einlegen. In den meisten Fragen beschließt der Rat jedoch mit qualifizierter Mehrheit. Eine qualifizierte Mehrheit gilt als erreicht, * wenn die Mehrheit der Mitgliedstaaten (in einigen Fällen eine Zweidrittelmehrheit) zustimmt und * wenn mindestens 255 befürwortende Stimmen abgegeben werden, d. h. 73,9 % der Gesamtzahl. Darüber hinaus kann ein Mitgliedstaat überprüfen lassen, ob durch die befürwortenden Stimmen mindestens 62 % der Gesamtbevölkerung der EU vertreten werden.Kann dies nicht bestätigt werden, gilt der Beschluss als abgelehnt. Die Europäische Kommission Die Kommission ist von den nationalen Regierungen unabhängig. Sie vertritt und wahrt die Interessen der gesamten EU. Die Kommission erarbeitet Vorschläge für neue europäische Rechtsvorschriften, die sie dem Parlament und dem Rat vorlegt. Sie ist auch die Exekutive der EU, d.h. sie ist für die Umsetzung der Beschlüsse des Parlaments und des Rates verantwortlich. Dies bedeutet, dass sie das Tagesgeschäft der Europäischen Union führt: Umsetzung der politischen Maßnahmen, Durchführung der Programme und Verwaltung der Mittel. Wie das Parlament und der Rat wurde die Europäische Kommission in den 50er Jahren durch die Gründungsverträge der EU eingerichtet. Was ist die Kommission? Barroso-Kommission © EC Die Kommission besteht aus 27 Männern und Frauen. Jeder EU-Mitgliedstaat stellt ein Kommissionsmitglied. Der Begriff „Kommission“ wird in zwei Bedeutungen verwendet: Erstens bezieht er sich auf das Kollegium von Männern und Frauen – jeweils ein Vertreter je EU-Mitgliedstaat, die zur Leitung des Organs und zur Annahme seiner Beschlüsse eingesetzt werden. Zweitens bezeichnet der Begriff „Kommission“ das Organ selbst und seine Bediensteten. Informell werden die ernannten Mitglieder der Kommission „Kommissare“ genannt. Es handelt sich um Persönlichkeiten, die zuvor in ihrem Herkunftsland ein politisches Amt - oft auf Ministerebene - ausgeübt haben. Als Mitglieder der Kommission sind sie aber verpflichtet, im Interesse der gesamten Union zu handeln, und dürfen keine Anweisungen von nationalen Regierungen annehmen. Die Neubesetzung der Kommission erfolgt alle fünf Jahre innerhalb von sechs Monaten nach der Wahl des Europäischen Parlaments. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen: José Manuel Barroso © EC José Manuel Barroso steht als Präsident der Europäischen Kommission an der Spitze des Exekutivorgans der EU. * Die Regierungen der Mitgliedstaaten bestimmen gemeinsam den neuen Präsidenten der Kommission. * Der designierte Kommissionspräsident wird anschließend vom Parlament bestätigt. * Er wählt in Gesprächen mit den Regierungen der Mitgliedstaaten die anderen Mitglieder der Kommission aus. * Der Rat verabschiedet die Vorschlagsliste mit qualifizierter Mehrheit und leitet sie an das Europäische Parlament zur Genehmigung weiter. * Das Parlament befragt daraufhin jedes designierte Kommissionsmitglied und gibt seine Stellungnahme zum gesamten Kollegium ab. * Nach Zustimmung des Parlaments wird die neue Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit offiziell ernannt. Die Amtszeit der derzeitigen Kommission läuft bis zum 31. Oktober 2009. Ihr Präsident ist der Portugiese José Manuel Barroso. Die Kommission ist dem Parlament gegenüber politisch rechenschaftspflichtig. Es kann der Kommission als Ganzes das Misstrauen aussprechen und sie so zum Rücktritt zwingen. Einzelne Kommissionsmitglieder müssen zurücktreten, wenn der Präsident sie dazu auffordert, und die anderen Kommissionsmitglieder dem zustimmen. Die Kommission nimmt an allen Tagungen des Parlaments teil, auf denen sie ihre Politik erläutern und begründen muss. Außerdem antwortet sie regelmäßig auf schriftliche und mündliche Anfragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Die laufende Arbeit der Kommission wird von ihren Verwaltungsmitarbeitern, Experten, Übersetzern, Dolmetschern und Sekretariatskräften ausgeführt. Es gibt ungefähr 23.000 EU-Beamte. Diese Zahl mag hoch klingen, ist aber tatsächlich niedriger als der Personalstand der meisten mittelgroßen Städte in Europa. Sitz der Kommission Die Kommission hat ihren „Sitz“ in Brüssel (Belgien), aber sie verfügt auch über Büros in Luxemburg, über Vertretungen in allen EU-Staaten und Delegationen (en) in vielen Hauptstädten weltweit. Seitenanfang Aufgaben Die Europäische Kommission hat im Wesentlichen vier Aufgaben: 1. Sie macht dem Parlament und dem Rat Vorschläge für neue Rechtsvorschriften. 2. Sie setzt die EU-Politik um und verwaltet den Haushalt. 3. Sie sorgt (gemeinsam mit dem Gerichtshof) für die Einhaltung des europäischen Rechts. 4. Sie vertritt die Europäische Union auf internationaler Ebene, zum Beispiel durch Aushandeln von Übereinkommen zwischen der EU und anderen Ländern. Seitenanfang 1. Vorschläge für neue Rechtsvorschriften Die Kommission hat das „Initiativrecht“. Mit anderen Worten ist die Kommission alleine für die Ausarbeitung von Vorschlägen für neue europäische Rechtsvorschriften verantwortlich, die sie dem Parlament und dem Rat vorlegt. Diese Vorschläge zielen auf die Wahrung der Interessen der Union und ihrer Bürger und nicht auf die Interessen bestimmter Länder oder Industriezweige ab. Bevor die Kommission Vorschläge unterbreitet, muss sie sich mit neuen Gegebenheiten und Problemen, die sich in Europa entwickeln, vertraut machen und überlegen, ob diese am besten in EU-Vorschriften behandelt werden sollen. Aus diesem Grund ist die Kommission laufend in Kontakt mit einem breiten Spektrum an Interessengruppen und mit zwei beratenden Gremien — dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen. Ferner holt sie Stellungnahmen von den nationalen Parlamenten und Regierungen ein. Die Kommission schlägt nur dann Aktionen auf EU-Ebene vor, wenn sie der Ansicht ist, dass ein Problem dadurch wirksamer gelöst werden kann als durch nationale, regionale oder lokale Maßnahmen. Dieser Grundsatz, nach dem Angelegenheiten auf der niedrigsten möglichen Ebene behandelt werden sollen, wird als „Subsidiaritätsprinzip“ bezeichnet. Wenn die Kommission jedoch zu dem Schluss kommt, dass europäische Rechtsvorschriften notwendig sind, arbeitet sie einen Vorschlag aus, der ihrer Überzeugung nach das Problem wirkungsvoll löst und einem möglichst breiten Spektrum von Interessen entspricht. Zur richtigen Behandlung der fachlichen Einzelheiten zieht die Kommission die Experten aus ihren verschiedenen Ausschüssen und Arbeitsgruppen zu Rate. Seitenanfang 2. Umsetzung der EU-Politik und des Haushalts Als Exekutivorgan der EU ist die Kommission für die Verwaltung und Ausführung des EU-Haushalts zuständig. Der Großteil der tatsächlichen Ausgaben wird zwar von nationalen und lokalen Behörden getätigt, aber die Kommission ist für ihre Kontrolle verantwortlich, und zwar unter dem wachsamen Auge des Rechnungshofes. Beide Organe verfolgen dabei das Ziel, eine wirtschaftliche Haushaltsführung zu gewährleisten. Das Europäische Parlament erteilt der Kommission nur dann die Entlastung für die Durchführung des Haushaltsplans, wenn es mit dem Jahresbericht des Rechnungshofes zufrieden ist. Die Kommission verwaltet auch die von Parlament und Rat verabschiedeten politischen Maßnahmen wie die Gemeinsame Agrarpolitik. Ein weiteres Beispiel ist die Wettbewerbspolitik, in deren Rahmen die Kommission befugt ist, Unternehmenszusammenschlüsse zu genehmigen oder zu unterbinden. Die Kommission hat ferner sicherzustellen, dass die EU-Mitgliedstaaten durch staatliche Beihilfen an ihre Unternehmen nicht den Wettbewerb verzerren. Die Beispiele für EU-Programme, die von der Kommission umgesetzt werden, reichen von „Interreg“ und „Urban“ (zur Schaffung von grenzüberschreitenden Partnerschaften zwischen Regionen und zur Sanierung vernachlässigter Stadtviertel) bis zum Programm „Erasmus“ zur Förderung des europaweiten Studentenaustauschs. Seitenanfang 3. Durchsetzung des europäischen Rechts Die Kommission fungiert als „Hüterin der Verträge“. Das bedeutet, dass sie gemeinsam mit dem Gerichtshof über die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts in allen Mitgliedstaaten wacht. Wenn die Kommission feststellt, dass ein EU-Staat europäische Rechtsvorschriften nicht anwendet und somit seine rechtlichen Verpflichtungen nicht erfüllt, ergreift sie Schritte, um diesen Verstoß abzustellen. Zuerst leitet sie ein Verfahren ein, das als „Vertragsverletzungsverfahren“ bezeichnet wird. Dabei richtet die Kommission ein amtliches Schreiben an die betreffende Regierung, in dem sie erläutert, worin ihrer Ansicht nach der Verstoß gegen das EU-Recht besteht, und setzt eine Frist für die Übermittlung einer detaillierten Stellungnahme an die Kommission. Wenn der Verstoß im Zuge dieses Verfahrens nicht abgestellt wird, muss die Kommission die Angelegenheit dem Gerichtshof übergeben, der Strafen verhängen kann. Die Urteile des Gerichtshofes sind für die Mitgliedstaaten und die Organe der EU bindend. Seitenanfang 4. Vertretung der EU auf internationaler Ebene Die Europäische Kommission ist eine wichtige Sprecherin der EU auf internationaler Ebene. Dadurch können die Mitgliedstaaten in internationalen Foren wie der Welthandelsorganisation „mit einer Stimme“ sprechen. Ferner ist die Kommission auch für das Aushandeln völkerrechtlicher Verträge im Namen der EU verantwortlich. Ein Beispiel dafür ist das Abkommen von Cotonou, in dem die Bedingungen für eine bedeutende Hilfs- und Handelspartnerschaft zwischen der EU und den Entwicklungsländern in Afrika, in der Karibik und im Pazifikraum festgelegt sind. Seitenanfang Organisation der Arbeit der Kommission Der Präsident der Kommission entscheidet darüber, für welche Politikfelder die einzelnen Kommissare verantwortlich sind, und kann diese Zuständigkeiten während der Amtszeit der Kommission gegebenenfalls neu verteilen. Die Kommission tritt einmal wöchentlich zusammen, in der Regel jeden Mittwoch in Brüssel. Jeder Tagesordnungspunkt wird vom Kommissionsmitglied, das für das betreffende Politikfeld zuständig ist, erläutert. Danach fasst das gesamte Kollegium dazu einen gemeinsamen Beschluss. Das Personal der Kommission ist auf Abteilungen aufgeteilt, die aus „Generaldirektionen“ (GDs) und „Diensten“ (z.B. Juristischer Dienst) bestehen. Jede GD ist für einen bestimmten Politikbereich zuständig und wird von einem Generaldirektor geleitet, der einem Kommissionsmitglied gegenüber verantwortlich ist. Das Generalsekretariat übernimmt die Gesamtkoordinierung und organisiert darüber hinaus die wöchentlichen Kommissionssitzungen. An seiner Spitze steht der Generalsekretär, der dem Präsidenten unmittelbar verantwortlich ist. In der Praxis arbeiten die GDs die Vorschläge für Rechtsakte aus, aber diese erhalten erst nach „Annahme“ durch die Kommission auf ihrer wöchentlichen Sitzung offiziellen Status. Dieser Prozess läuft ungefähr folgendermaßen ab: Nehmen wir zum Beispiel an, dass die Kommission Bedarf für europäische Rechtsvorschriften gegen die Verschmutzung der Flüsse in Europa sieht. Die Generaldirektion Umwelt arbeitet nun auf der Grundlage von umfassenden Konsultationen mit europäischen Unternehmen und Landwirten, mit Umweltministerien in den Mitgliedstaaten und Umweltschutzorganisationen einen Vorschlag aus. Der Entwurf wird dann mit den anderen Kommissionsdienststellen erörtert sowie vom Juristischen Dienst und dem Generalsekretariat geprüft. Sobald der fertige Vorschlag vorliegt, wird er auf die Tagesordnung der nächsten Kommissionssitzung gesetzt. Stimmen ihm mindestens 14 der 27 Kommissionsmitglieder zu, ist er von der Kommission angenommen und hat die uneingeschränkte Unterstützung des gesamten Kollegiums. Der Vorgang wird dann an den Rat und das Europäische Parlament zur Stellungnahme weitergeleitet. Seitenanfang Begrenzung der Zahl der Kommissionsmitglieder Eine Kommission mit zu vielen Mitgliedern kann nicht reibungslos arbeiten. Gegenwärtig stellt jeder EU-Mitgliedstaat einen Kommissar, so dass die Zahl der Kommissionsmitglieder mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union auf 27 gestiegen ist.Diese Zahl war vom Rat einstimmig festgelegt worden.Nach dem Beitritt des 27. Mitgliedstaats soll jedoch ab Amtsantritt der nächsten Kommission (d. h. im Prinzip ab November 2009) die Anzahl der Kommissare verringert werden.Die endgültige Größe der Kommission muss vom Rat noch beschlossen werden.Die Kommissare werden dann nach dem Rotationsprinzip ernannt, wobei darauf geachtet wird, dass die Länder in fairer Weise vertreten sind.Es ist mit anderen Worten zu gewährleisten, dass sich das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten in der Besetzung der Kommission widerspiegelt.