(Mária Jirásková, 361876) Chtěla bych umět říct tu větu za každého, komu berou důstojnost „Máš kapesník?“ ptala se matka ve dveřích každé ráno, než jsem vyšla na ulici. A protože jsem ho neměla, vrátila jsem se pokaždé do pokoje. Každé ráno jsem tu otázku čekala. Kapesník byl důkaz, že máma má o mne starost. Později během dne jsem už byla odkázána sama na sebe. Otázka Máš kapesník? byla nepřímá něžnost. Přímá by byla trapná, něco takového u vesničanů neexistovalo. Láska byla převlečena za otázku. Jen tímto způsobem se dala říct pracovní instrukce. To, že hlas byl strohý, dokonce podtrhovalo něžnost. Každé ráno ve dveřích jsem jednou kapesník neměla a podruhé ano. Až poté jsem vyšla na ulici, jako kdyby tam s kapesníkem byla i matka. Wenn ich doch für jeden, dem man Würde entnimmt, [DEL: dieser :DEL] diesen Satz sagen könnte „Hast du ein* Taschentuch?“ fragte mich Mutter jeden Morgen an [DEL: die :DEL] Tür^1, bevor ich auf die Straße hinausging. Und weil ich es [DEL: nie :DEL] hatte^2, ging ich jedes Mal ins Zimmer zurück. Jeden Morgen wartete ich auf die Frage. Dieses Taschentuch war[DEL: ein :DEL] Beweis dafür, dass^3 sie sich um mich sorgt**. Danach, [DEL: durch den Tag :DEL] ^4, war ich nur auf mich selbst angewiesen. Die Frage „Hast du ein Taschentuch?“ war eine indirekte Zärtlichkeit. [DEL: Direkt wäre es peinlich :DEL] ,^5 [DEL: so etwas existierte :DEL] ^6 bei den Bauern nicht. Die Liebe verkleidete sich als[DEL: die :DEL] Frage. Nur so [DEL: könnte :DEL] konnte die Arbeitsinstruktion gesagt werden. Da ihre Stimme [DEL: steif :DEL] ^7war, [DEL: war :DEL] die Zärtlichkeit SOGAR [DEL: unterstrichen :DEL] ^8. [DEL: Jeden Morgen hatte ich einmal das Taschentuch, zweites Mal hatte ich es nicht :DEL] .^9Erst dann ging ich auf die Straße, als ob meine Mutter mit diesem Taschentuch dabei wäre***. * ein* Taschentuch - jeden ^1 an [DEL: die :DEL] Tür – Wo? – an der Tür ^2 A protože jsem ho neměla - Und weil ich es [DEL: nie :DEL] nicht hatte Ich hatte keines. Und weil ich keines hatte, ging ich noch mal ins Zimmer zurück und nahm mir ein Taschentuch. Wiederholung: das Taschentuch macht durch die Wiederaufnahme die Isotopie des Textes aus. ^3[DEL: ein :DEL] Beweis dafür, dass - das Beweis dafür, dass **....um mich sorgt. - máma má o mne starost sor|gen [mhd. sorgen, ahd. sorgen]: 1. sich Sorgen machen, besorgt, in Sorge sein: sich sehr, wegen jeder Kleinigkeit s.; sich um jmdn., etw. s.; du brauchst dich nicht zu s., dass mir etwas passiert. 2. a) sich um jmds. Wohlergehen kümmern gut, vorbildlich, schlecht für jmdn. s.; sie sorgt liebevoll für ihre Schützlinge; für Kinder und Alte muss besonders gesorgt werden; wer sorgt während unserer Abwesenheit für den Garten?; daß die Mutter mich am Morgen behütet - máma má o mne starost, že mě matka ráno ochraňuje/chrání ???? be|hü|ten [mhd. behüeten = bewahren; verhindern; sich hüten, zu hüten]: a) in seine Obhut nehmen; bewachen, beschützen: der Hund behütet die Kinder; b) vor jmdm., etw. bewahren, schützen: jmdn. vor Schaden, vor einer Gefahr b.; [DEL: ^4 :DEL] ^ [DEL: durch den Tag :DEL] – während des Tages, Später am Tag In den späteren Stunden und Dingen des Tages war ich auf mich selbst gestellt *auf sich [selbst] gestellt sein ([finanziell] auf sich selbst angewiesen sein). ^5 [DEL: Direkt wäre es peinlich :DEL] – Direkt es zu sagen wäre peinlich gewesen Otázka Máš kapesník? byla nepřímá něžnost. Přímá by byla trapná ^6[DEL: :DEL] [DEL: so etwas existierte :DEL] bei den Bauern nicht. – so etwas gab es bei den Bauern nicht. …war eine indirekte Zärtlichkeit. Eine direkte wäre peinlich gewesen, so etwas gab es bei den Bauern nicht ^7 [DEL: steif :DEL] - strohý : SIEBENSCHEIN: schroff, streng, rau.... steif [mhd. (md.) stif, eigtl.ÿ= (bes. von Holzpfählen) unbiegsam, starr; aufrecht]: 1. nicht weich, wenig biegsam, von einer gewissen Festigkeit u. Starre: -er Karton; die Wäsche war s. gefroren, war s. wie ein Brett (ugs.; ganz starr geworden). 2. (bes. von Körperteilen, Gelenken, Gliedmaßen) von verminderter od. [vorübergehend] nicht mehr bestehender Beweglichkeit: ein -er Nacken; er hat ein -es Bein (sein Kniegelenk ist unbeweglich geworden); sie ist ganz s. geworden (hat ihre körperliche Elastizität eingebüßt)...... strnulý, tuhý, ztuhlý:... 5. förmlich u. unpersönlich; leicht gezwungen wirkend: ein -er Empfang; er ist ein sehr -er Mensch. PERSON – STROJENÝ Da ihre Stimme [DEL: steif :DEL] ^7war, [DEL: war :DEL] die Zärtlichkeit [DEL: unterstrichen :DEL] ^8 ^8 [DEL: war :DEL] die Zärtlichkeit [DEL: unterstrichen :DEL] – wurde die Zärtlichkeit sogar unterstrichen To, že hlas byl strohý, dokonce podtrhovalo něžnost - Daß die Stimme schroff war, unterstrich sogar die Zärtlichkeit [DEL: :DEL] ^9[DEL: Jeden Morgen hatte ich einmal das Taschentuch, zweites Mal hatte ich es nicht :DEL] . - Každé ráno ve dveřích jsem jednou (POPRVE, NAPŘED) kapesník neměla a podruhé (PODRUHÉ, POZDĚJI)ano – Sie ginng DOCH zurück, um es zu hole!! – ABFOLGE Jeden Morgen war ich ein Mal ohne Taschentuch am Tor und ein zweites Mal mit einem Taschentuch *** Erst dann ging ich auf die Straße, als ob meine Mutter mit diesem Taschentuch dabei wäre – als ob mit dem Taschentuch auch meine/die Mutter dabei wäre - als wäre mit dem Taschentuch auch die Mutter dabei HAST DU EIN TASCHENTUCH, fragte die Mutter jeden Morgen am Haustor, bevor ich auf die Straße ging. Ich hatte keines. Und weil ich keines hatte, ging ich noch mal ins Zimmer zurück und nahm mir ein Taschentuch. Ich hatte jeden Morgen keines, weil ich jeden Morgen auf die Frage wartete. Das Taschentuch war der Beweis, daß die Mutter mich am Morgen behütet. In den späteren Stunden und Dingen des Tages war ich auf mich selbst gestellt. Die Frage HAST DU EIN TASCHENTUCH war eine indirekte Zärtlichkeit. Eine direkte wäre peinlich gewesen, so etwas gab es bei den Bauern nicht. Die Liebe hat sich als Frage verkleidet. Nur so ließ sie sich trocken sagen, im Befehlston wie die Handgriffe der Arbeit. Daß die Stimme schroff war, unterstrich sogar die Zärtlichkeit. Jeden Morgen war ich ein Mal ohne Taschentuch am Tor und ein zweites Mal mit einem Taschentuch. Erst dann ging ich auf die Straße, als wäre mit dem Taschentuch auch die Mutter dabei. Zwanzig Jahre später war ich, schon lang für mich allein in der Stadt, eine Übersetzerin in einer Maschinenfabrik. Um 5 aufgestanden begann ich um halb 7 zu arbeiten. Jeden Morgen könnte ich aus dem Lautsprecher auf dem Hof Musik hören. Aber die Arbeiter, die saßen und aßen, hatten leere Augen wie ein weißes Blech, und Zwischenmehlzeit in Zeitungspapier gepackt. Zwei Jahre vergingen in Laufschritt der Alltäglichkeit, ein wie das andere. Anblick an die Straße des Ruhms Im dritten Jahr wurde die Alltäglichkeit geändert. Dreimal in einer Woche kam ein riesengroßer knöcheriger Mann mit funkelnden blauen Augen morgen früh zu mir ins Büro. Er war Koloß vom Geheimdienst. Auf den ersten Mal schalt er mich stehend aus und dann ging er weg. Das zweite Mal zog er seine Jacke aus, hängte sie an die Schrankklinke und setzte sich. An diesem Morgen brachte ich die Tulpen mit mir und arrangierte sie in der Vase. Er schaute auf mir und lobte mir dafür, ungewöhnliche Kenntnisse der Menschen zu besitzen. Es war mich befremdlich. Ich lehnte die Belobung ab und versicherte ihn, dass ich in den Tulpen mich auskenne, nicht in den Menschen. Er antwortete schadenfroh, dass er mich besser kenne, als ich die Tulpen. Dann zog er die Jacke über und ging weg. Zum dritten setzte er sich und ich stand, weil er auf meinem Stuhl seine Aktentasche legte. Ich hatte nicht die Mühe, sie auf den Boden zu stellen. Er beschimpfte mich. Dass ich dumm, faul, oberflächlich, verderbt wie eine herumziehende Hündin sei. Die Tulpen schob er am Rand des Tisches und in die Mitte legte er ein leeres Blatt Papier und einen Stift. Er schimpfte: „Schreiben!“ Stehend schrieb ich, was er mir diktierte – Name, Geburtsdatum und Adresse. Und dann, dass ich niemandem von den Nahen oder den Verwandten sage, dass… Da kam das fruchtbare Wort: colaborez. Das heißt Mitarbeiten. Dieses Wort schrieb ich nicht mehr. Ich legte den Stift hin und ging zum Fenster, schaute hinaus. Zerstörte Gässchen, voll Löcher und mit buckligen Häusern rundum, hieß zum allen Strada Gloriei, die Straße des Ruhms. Auf dieser Straße saß in der nackten Krone des Maulbeerbaums eine Fabrikskatze mit zerrissenem Ohr. Ich sagte: „N-am caracterul, solchen Charakter habe ich nicht.“ Ich sprach zur Straße da draußen. Das Wort Charakter auslöste einen hysterischen Anfall in ihm. Er zerriss das Papier und die Fetzen warf er auf Boden. Er seufzte tief und umgestürzt warf er die Vase mit den Tulpen an die Wand. Dann sagte er leise: „Das wirst du bedauern, wir werden dich im Fluss ersäufen.“ Ich sagte, eher nur für mich: „Wenn ich das unterschreibe, könne ich nicht mehr mit mich selbst leben, dann müsste ich es selbst machen. Deswegen sollen sie es machen.“ Der Tür der Kanzlei war schon geöffnet und er war weg. Und draußen auf der „Strada Gloriei“ sprang die Fabrikskatze aus dem Baun auf das Dach des Hauses. Der Ast schwippte wie ein Trampolin.