Grebíková Zdislava Selbstbestrafung oder Angst? Der Vorleser von Bernhard Schlink Einleitung Das weltweitberühmteste Werk Der Vorleser von dem deutschen Schriftsteller Bernhard Schlink, das im Jahr 1995 herausgegeben wurde, zählt zu einem Bestseller wie z.B. das Werk von Patrick Süskind Das Parfüm. Bernhard Schlinks Roman Der Vorleser verfasst die komplizierte Beziehung zwischen dem fünfzehnjährigen Jungen namens Michael Berg und seinem älteren Frau Hanna Schmitz, die auf lieben, baden und vorlesen aufgebaut wird. Der Autor bearbeitet das Thema der Generationenkrieg und der Nachkriegszeit, dessen abscheuliche Folgen und damit verbundene Probleme der Nazi- Zeit den Roman stark prägen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht der Analphabetismus, an den die Hauptprotagonistin laboriert. Eine wichtige Rolle spielt das Hauptmotiv der Schuld, mit der die beiden Protagonisten bewältigen, und der als der rote Faden gilt. Warum verschweigt Hanna, die damalige Aufseherin im KZ, ihre Schwäche in Lesen und übernimmt die Schuld beim Prozess? Schweigt sie darüber, weil sie sich bloß dafür schämt, oder weil sie das nicht verraten will? Den Ausweg aus der Not findet Hanna im Schweigen. Sie nimmt alle Schuld auf sich selbst, um ihre Lebenslüge zu verheimlichen. Jetzt stellt sich die Frage, ob man überhaupt die Spuren von der dunklen Vergangenheit verwischen kann. Es ist schwierig, trübe Gedanken an Holocaust und überhaupt an die Nachkriegszeit zu bewältigen, noch dazu wenn sie selbst eine der Personen mit hartem Gesicht, schwarzer Uniform und Reitpeitsche war[1]^1. Nimmt Hanna alles als Selbstbestrafung für ihre Vergangenheit im KZ wahr? In einem Vortrag äußert sich der Psychoanalytiker Tilmann Moser: „Ich versuche zu verstehen, warum die Fähigkeit zu Trauer, Schuld und Scham nach dem Krieg in diesem Ausmaß verschüttet war, ich versuche zu verstehen, wie sie sich nach fünfzig Jahren, gleichsam in einer zweiten Chance, neue einstellt.“ [2]1FRICKE, Hannes. Interpretation. Bernhard Schlink. Der Vorleser. S. 290