48th international musicological colloquium Piety and Music: the repertoire, practice and theology between sacred and secular. Changes of liturgical and paraliturgical musica figuralis during 17th and 18th centuries in central Europe. November 4-6, 2013 The Department of Musicology at the Faculty of Arts, Masaryk University Jan|ček Square 2a, Brno, Czech Republic Aschenbrenner, Vít (Klatovy) Collegium for Sacred Music, Klatovy aschenbrenner.v@gmail.com Orte der Musikveranstaltungen bei klattauer Seminaristen im 18. Jh. – ein Beitrag zu Raumaspekten der Musikinterpretierung bei den Jesuiten Die Jesuitenseminaristen stellten ein sehr flexibles Musikensemble dar, das im Rahmen seiner musikalischen Aufführungen mit verschiedenen Typen der akustischen Räume kontaktiert wurde. Der Beitrag versucht, die Fragen eventuell zu beantworten, ob diese Raumparameter die Art und Weise der Interpretierung des Ensembles beinflussen konnten, bzw. ob sie auch an die Repretoirestruktur und auswahl des Ensembles Einfluss genommen haben. Biesold, Sebastian (Halle) Martin Luther University Halle-Wittenberg sebastian.biesold@musikwiss.uni-halle.de Oratorien als geistliche Opern am Exilhof des Kölner Kurfürsten Joseph Clemens in Valenciennes (1709–1714) Infolge des Ausbruchs des Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714) befand sich der Kölner Erzbischof und Kurfürst Joseph Clemens (reg. 1688–1723) seit 1702 im niederländisch-französischen Exil zunächst in Namur, seit 1704 in Lille und schließlich von 1708 an in Valenciennes. Bereits vor dem Exil war die Musik am Kurkölner Hof – und damit stellte dieser durchaus eine Ausnahme unter den geistlichen Kurhöfen dar – integraler Bestandteil der höfischen Repräsentations- und Kommunikationsmedien. So erscheint es nachgerade zwingend, dass Joseph Clemens ungeachtet der oftmals nur knappen finanziellen Mittel auch in seinen Residenzen im Exil keineswegs auf Musik- und Musiktheateraufführungen verzichtete, wobei während dieser Jahre insbesondere die Gattung ‚Oratorium‘ eine intensive Rezeption erfuhr. Das Referat widmet sich den namentlich in Valenciennes aufgeführten und heute kaum bekannten italienischen Oratorien Giacobbe (1709), S. Genesio martire (1710), Abelle (1711), L’Innocenza oppressa in S. Vinceslao martire (1712) und SS. Cipriano e Giustina martiri (1714). Komponist dieser Werke war der Italiener Pietro Torri (um 1650–1737), der seit 1689 in den Diensten des bayerischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel (reg. 1679/80–1726), des älteren Bruders Joseph Clemens’, stand. Die Eigenheit der genannten Oratorien besteht vor allem in ihrer – eigentlich der Oper inhärenten – szenischen Anlage, die in dem opulenten, mit Chören und Balletten konzipierten Werk SS. Cipriano e Giustina martiri gipfelt. Vor dem Hintergrund der Oratoriengeschichte bei den Wittelsbachern, die an wichtigen Zäsuren eng mit der Habsburger Oratorienpflege in Verbindung steht, und dem allgemeinen Problemfeld ‚geistliche Oper‘ als musikhistorischem Phänomen zwischen sakralem und profanem Musikdrama wird zunächst die Formung der Werke exemplarisch dargestellt. Im Blick auf das Paradigma von einem ‚Oratorium als Opernersatz in der Fastenzeit‘ wird etwa zu fragen sein, ob die ExilOratorien zur Kompensation einer fehlenden Hofoper dienten und ob aufgrund der szenischen Anlage tatsächlich von einer Modifizierung der Gattung gesprochen werden kann. Blanken, Christine (Leipzig) Bach-Archiv Leipzig blanken@bach-leipzig.de Die Rezeption der Vokalmusik Carl Philipp Emanuel Bachs auf dem Gebiet der Habsburgermonarchie Die Oratorien des zweitältesten Bach-Sohnes gehören zu den weitverbreitetsten geistlichen Werken seiner Zeit, auch auf dem „alt-österreichischen“ Terrain der Habsburgermonarchie. Sie wurden zu seinen Lebzeiten gedruckt, und er war selbst sehr bemüht, sie weiter zu verbreiten, denn er hielt große Stücke auf diese von ihm z.T. im Eigenverlag herausgebrachten großen Vokalwerke: „diese Ramlersche Cantate [das Oratorium „Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu“, Wq 240] ist zwar von mir, doch kann ich ohne närrische Eigenliebe behaupten, daß sie viele Jahre erhalten wird, weil sie von meinen Meisterstücken ein beträchtliches mit ist, woraus junge Componisten etwas lernen können. Mit der Zeit wird sie auch so vergriffen sein, wie Grauns Tod Jesu. Anfänglich haperts mit allen solchen Sachen, die zur Lehre u. nicht für Damen u. musikalische Windbeutel geschrieben sind. Mein Heilig [Wq 217] u. meine Israeliten [in der Wüste, Wq 238] stocken jetzt auch; mir ist aber nicht bange, endlich werden sie wieder vorgesucht.“ (Brief Bachs an J. G. I. Breitkopf vom 21.9.1787) Die erhaltenen Quellen (Drucke, Abschriften, Stimmensätze, Briefzitate, Bearbeitungen) machen deutlich, dass C. P. E. Bachs geistliche Musik weit über die protestantischen Gegenden Deutschlands hinaus rezipiert wurde und für die Geschichte des Oratoriums eine maßgebliche Rolle spielte. Bohadlo, Stanislav (Hradec Králové) Department of Music, University of Hradec Kr|lové Stanislav.Bohadlo@uhk.cz The Dance of Death Phenomenon from baroque Kuckus-Baade The antique and Christian theme of music, dance and death as Ars moriendi and memento mori became the backbone for Franz Count of Sporck´s (1662-1738) constructing the multifunctional site of Kuks spa in NE Bohemia on upper Elbe river. There is the cycle of 50 engravings by his „court“ engraver Michael Rentze (1698-1758), published by F. G. Mangold in Passau and by F. A. Ilger in Linz 1753. The Viennese edition (1767) introduced the German verses by Pater Patricius Wasserburger (*1706), „good composer“, who led the Mercy Brothers convent in Kuks as the second Prior between 1745 – 1754. He pointed on the earlier fresco cycle Dance of Death version along the southern hospital corridor in Kuks monastery-hospital, and on the Bon-Repos Aria as the music device to present it and/or perform. Jiří Šerých frames its dating „before 1738 up to 40´s of 18th century“. The questions about its origin, sharing, performing, functioning and spreading out are to be answered. Deisinger, Marko (Vienna) The University of Music and Performing Arts Vienna, University of Southampton deisinger@mdw.ac.at Norditalienische Oratorien am Wiener Kaiserhof 1665–1705. Zur Oratorienpflege unter Eleonora II. und Leopold I. Die Etablierung des Oratoriums in Wien haben wir vor allem Kaiserin Eleonora II. aus der herzoglichen Familie Gonzaga von Mantua zu verdanken. Nach dem Ableben ihres Ehemanns, Kaiser Ferdinands III., im Jahre 1657 gründete sie ihre eigene Hofmusikkapelle, mit der sie beinahe zwei Jahrzehnte lang ein kulturelles Zentrum am Wiener Hof bildete. Bis zu ihrem Lebensende ließ die äußerst fromme und kunstsinnige Witwe regelmäßig Oratorien in ihrer privaten Kapelle aufführen. Mehrere erhalten gebliebene Quellen wie Libretti, Briefe oder Gesandtenberichte belegen Eleonoras Verdienste um die Förderung dieser damals noch jungen Gattung aus Rom. Das Oratorienrepertoire ihrer Musiker bestand aus Werken, die entweder am Kaiserhof geschaffen oder aus Italien importiert wurden. Insbesondere zu Beginn der Wiener Oratorienpraxis führte man im Auftrag Eleonoras fertige Kompositionen aus Rom ein. Im Laufe der Jahre nahm die heimische Oratorienproduktion stark zu, aber auch der Import von Oratorien aus Oberitalien stieg allmählich an. Auf der Suche nach Oratorien für den Hof wandte man sich im September 1662 an den ferraresischen Kunstmäzen und Librettisten Ippolito Bentivoglio, dessen Oratorio del giuditio mit Musik von Giovanni Legrenzi in der Fastenzeit des Jahres 1665 in Eleonoras Kapelle zur Aufführung kam. Dieses Werk zählte zu den ersten in Wien gesungenen Oratorien oberitalienischer Provenienz. Im selben Jahr ließ die Kaiserin das Oratorio di Baldasarre punito zum Vortrag bringen, das nachweisbar von Giovanni Antonio Sigonfredi, einem aus Pesaro stammenden und in Venedig tätigen Sänger, in Noten gesetzt wurde. 1682 war in Eleonoras Kapelle das zuvor mehrmals in Venedig aufgeführte Oratorium L’huomo infermo moribondo zu hören. Der Text stammt aus der Feder des damaligen Bischofs von Jesi, Pier Matteo Petrucci, und war bereits 1675 in dessen Druckwerk Poesie sacre e spirituali in Macerata und Jesi erschienen. Die Musik komponierte Giuseppe Pacieri, der bis 1679 den Organistenposten in der Santa Casa di Loreto inne hatte und danach in Rom wirkte. Seine Komposition ist in Neapel überliefert (I-Nf ms. 435.4). 1685 folgte die Aufführung eines weiteren aus Italien importierten Oratoriums in Eleonoras Kapelle, nämlich La Rosinda mit der Musik des damaligen Domkapellmeisters von Brescia, Carlo Francesco Pollarolo. Das Libretto dieses Oratoriums wurde auch von Giovanni Battista Tomasi in seiner Funktion als Kammerkapellmeister des Herzogs von Mantua vertont. Tomasis Vertonung und ein weiteres Oratorium von ihm mit dem Titel Sant’Agata haben sich in der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten (Mus. Hs. 19162 und 19161). Die Präsenz dieser Oratorien in Wien ist wohl auf Eleonoras engen Kontakt zu ihrer Heimat Mantua zurückzuführen. Nach dem Tod der Kaiserin im Jahre 1686 setzte Leopold I. die Oratorienpflege fort und ließ dabei wie Eleonora gelegentlich Werke aus Norditalien importieren. Zu diesen zählten Kompositionen von Giuseppe Fabbrini (Le glorie del nome di Giesù 1689), Giovanni Legrenzi (Il prezzo del cuore humano 1692), Francesco Passarini (Il sacrificio di Abramo 1693), Galgano Rubini (Il finto Smeraldo overo la santa Eufrosina 1690), Antonio Giannettini (La beata Margherita da Cortona 1696), Domenico Gabrielli (S. Sigismondo 1699), Pier Francesco Tosi (Il martirio di santa Caterina 1701), Pirro Capacelli Albergati (Il convito di Baldassarre 1702) und Francesco Gasparini (Moisè liberato dal Nilo 1703). Im Sterbejahr des Kaisers 1705 sang man noch La morte del cor penitente des damals bereits verstorbenen Giovanni Legrenzi, dem damit posthum die Ehre zuteil wurde, mit insgesamt drei Oratorien im Spielplan des Hofes vertreten gewesen zu sein. Erhardt, Tassilo (Liverpool) Department of Music, Liverpool Hope University erhardt@hope.ac.uk The Dramatic Sacred Works of Antonio Bertali Antonio Bertali , imperial chapel master from 1649–1669), produced a vast musical output which enjoyed popularity across Europe, but fell into oblivion soon after 1700. The recent interest in Bertali’s works has largely focused on his instrumental works, whilst his vocal music—arguably the more significant part of his oeuvre—has received only relatively little attention. As documented by the late 17th-century court inventory, the Distinta Specificatione, and other sources, Bertali also made noteworthy contributions to the dramatic sacred genres such as the oratorio and sepolcro at the Viennese imperial court. Two of these works have survived in the music collection of the Austrian National Library. In addition to the recent recording of Bertali’s oratorio La strage degl’Innocenti and the forthcoming edition of this work along with the sepolchro Il Pentimento […] in the Denkmäler der Tonkunst in Österreich, this paper explores the two works in the context of Habsburg spirituality and religious practice. It also highlights stylistic features which show the composer in a different light from his liturgical oeuvre and possibly give a taste of Bertali’s lost operas. Finally, an analysis of the works’ physical transmission raises questions concerning their performance practice which also extend to other works preserved in the ‘Leopoldina’ collection of the Austrian National Library. Freemannová, Michaela (Prague) Department of Music History, Academy of Science of the Czech Republic Michaela.Freemanova@volny.cz Three points of a triangle: Latin, Italian and German Oratorio and Sepolcro in the 18th Century Central Europe In the 18th century Bohemian Lands, the oratorios were produced not only in Italian (commonly understood, according to the period sources), but also in German and Latin; the most interesting examples here are the anonymous Deus propter scelera (Prague 1727), La passione d'Abele innocente by Diogenio Bigaglia (Prague 1729) and the Latin version of Leonardo Leo's Sant'Elena al Calvario (Prague 1734). Fritz, Elisabeth (Vienna) The Austrian Academy of Sciences Elisabeth.Fritz@oeaw.ac.at Die großen Oratorien-Produktionen der Tonkünstler-Societät in Wien – Kontrapunkt oder Nachfolger der höfischen Oratorienpflege des Barock? Mit dem Tod Karls VI. und der danach erfolgten schrittweisen Reduktion der Hofmusik unter Maria Theresia wurde auch die Oratorienpflege des Hofes eingeschränkt. Parallel dazu erfolgte – ähnlich wie bei Oper und Theater – ein teilweiser Verzicht auf das Exklusivitätsrecht des Hofes auch für Oratorien. Schon ab 1745 wurden „Fastenkonzerte“ im Theater nächst der Burg initiiert. Mit der Veranstaltung großer Oratorien-Aufführungen der 1771 gegründeten Tonkünstler-Societät wurde ein weitere Schritt hin zu einem modernen Konzertbegriff erreicht: Nicht nur der Zuhörerkreis wurde erweitert und verändert, sondern auch der Aufführungsort aus dem unmittelbaren Bereich der Hofburgin die Stadt, in das Burgtheater verlegt; und auch der kommerzielle Aspekt sollte nicht ausgeklammert werden, galt es doch bei diesen Akademien primär, den Pensions- und Versorgungsfonds der Societät zu vermehren. Doch es finden sich auch Parallelen zur barocken Oratorienpflege: Dies beginnt bei den Stoffen, geht über die meist in metastasianischer Nachfolge geschriebenen Libretti (wie z.B. Il ritorno die Tobia von G. G. Boccherini/J. Haydn) und endet bei der Wahl des Zeitpunktes (Fastenzeit, v.a. Karwoche) und der demonstrativen Anwesenheit von Kaiser und Kaiserin bzw. Mitgliedern des Kaiserhauses. Auch bei den Ausführenden ist Kontinuität festzustellen: Die Tonkünstler-Societät als (im Wesentlichen) „Pensionsinstitut der Hofmusiker“ war natürlich bestrebt, in erster Linie ihre Mitglieder mitwirken zu lassen, also die Musiker der Hofmusikkapelle und die Sänger und Sängerinnen der Hoftheater. Der Beitrag wird sich v. a. Fragen von Kontinuität und Diskontinuität, von wechselnden Teilöffentlichkeiten und einer Neudefinition des Oratorien-Verständnisses (weg vom paraliturgischen Kontext hin zu einem entstehenden Konzertverständnis) in Wien um 1770-90 widmen. Herczog, Johann (Rome) Conservatory „Santa Cecilia“ johann.herczog@tin.it Spiritualität, Dichtung und Komposition: die variablen Entwicklungsebenen des italienischen Oratoriums Die bestimmenden, konstituierenden Faktoren des italienischen Oratoriums zwischen dem 17. und 18. Jahrhunderts sind dessen geistlich-erbaulicher Gehalt, eine entsprechende literarisch-poetische Ausarbeitung und die anschließende Vertonung; zu diesen gesellt sich, schließlich, zwar ohne Werkcharakter doch ebenso fundamental, auch jener der Aufführungsumstände. In ihrer Gesamtheit unterscheiden besagte Faktoren die Gattung grundlegend von der in formaler und technischer Hinsicht sehr ähnlichen italienischen Oper und sind auch einer spezifischen Entwicklung unterworfen. Historischchronologisch betrachtet driften allerdings die einzelnen Entwicklungsebenen naturgemäß auseinander. So zeigt der geistliche Aspekt im Zeichen des katholischen Dogmas freilich eine gewisse Konstanz, doch erweist er sich letztlich ebenso subtilen Veränderungen unterworfen, ausgehend vom gegenreformatorischen Fideismus, über den Rationalismus, sogar bis hin zur Aufklärung. Logischerweise folgt gerade die Librettistik zunächst dieser Leitlinie, sowohl auf ideologischer als auch auf ästhetischer Ebene, wie man es an verschiedenen repräsentativen Beispielen nachweisen kann. Die kompositionstechnische Faktur ist in diesem Zusammenhang jene, die zeitlich als letzte eine Entwicklungsdynamik vorweist, und diese lässt sich am ehesten mit dem Übergang von der Generalbasstechnik zum oberstimmenorientierten Komponieren umschreiben. Die bildenden Bestandteile des italienischen Oratoriums zeigen schon in den verschiedenen kulturellen Zentren seines Herkunftslandes beachtliche Unterschiede, die zumeist auch in den einzelnen Entstehungskriterien einen Niederschlag finden. So bleibt Rom bis zuletzt Wiege und authentische Pflegestätte der Gattung auf den Spuren des Heiligen Filippo Neri, während Neapel, mit seiner eher liberalen Atmosphäre, schon früh eine bemerkenswerte Großzügigkeit mit seiner Oratorienkultur zur Schau trägt. In der selbstbewussten Stadtrepublik Venedig, mit ihrer historisch ostentativen Distanz zur römischen Kirche, werden indessen die berühmten Mädchenkonservatorien zu wichtigsten Trägern der Gattung, in einer zwar lateinischen, aber doch überaus italianisierten Sprache. Einen absoluten Sonderfall stellt jedoch das Oratorium am Wiener Hof dar, wo es zum ideologisch-ästhetischen Ausdruck des Herrschaftsanspruchs der Habsburger in einem universalen, christlich-katholischen Reich wird. Die Tatsache, dass die beiden größten Oratoriendichter der Geschichte, Apostolo Zeno und Pietro Metastasio, wie auch einer der bedeutendsten italienischen Komponisten des frühen 18. Jahrhunderts, Antonio Caldara, mustergültige Werke für die Hofkapelle mit ihrem besonderen Zeremoniell lieferten, lässt sogar die Definition eines hier lokalisierbaren, klassischen Höhepunktes der Gattung als legitimiert erscheinen. Hochradner, Thomas (Salzburg) Mozarteum University Salzburg Thomas.HOCHRADNER@moz.ac.at Eine kleine Rezeptionsgeschichte der Oratorien von Johann Joseph Fux Es besteht kein Zweifel daran, dass Johann Joseph Fux seine Oratorien – mit Ausnahme eines „Oratorium germanicum“, das mit Zuschreibung an Fux im Stift Kremsmünster überliefert ist – für Aufführungen geschaffen hat, die in der Fastenzeit am Wiener kaiserlichen Hof, in der Hofburgkapelle stattgefunden haben. Auffällig ist aber im Weiteren, dass innerhalb eines hermetisch gehegten Notenbestands gerade die Oratorien des kaiserlichen Hofkapellmeisters eine gewisse Sonderstellung einnehmen. Aufführungen an anderen Orten, darunter in Brno und Praha, sind öfter zu belegen als bei seinen weltlichen dramatischen Werken, Abschriften daraus weiter verbreitet als bei den meisten anderen seiner Werke, und Oratorien zählen auch späterhin zu jenen Fux’schen Kompositionen, denen rezeptionsgeschichtliche Aufmerksamkeit zuteil wird. Bereits eine Übersicht zur Quellenlage wird erste Unterschiede im Aufgriff der Fux’schen Oratorien an den verschiedenen Orten erkennen lassen, ein exemplarisch konzentrierter näherer Blick auf vorhandene Textdrucke und handschriftliche Partituren diesen Befund erhärten. Das Ergebnis des Vergleichs leitet über zu Fragen, die unausweichlich mit der Streuung zusammenhängen und die Verlässlichkeit bzw. Variabilität der Überlieferung, ihre Abhängigkeit von Traditionen des jeweiligen Aufführungsortes sowie die Popularität bestimmter Themen im Rahmen der Frömmigkeitsdiskurse im frühen 18. Jahrhundert anschneiden, die durch ihre teils frühaufklärerischen Züge ein facettenreicheres Profil der sonst aufgrund mehrheitlich amtskirchlicher Belege meist als konservativ greifbaren Religiosität zeichnen. Holzer, Irene (Basel) The University of Basel irene.holzer@unibas.ch Michael Haydns Musik in der Fastenzeit 1778 vertonte Michael Haydn alle 27 Responsorien des Triduum Sacrum. Es ist eines der letzten Zeugnisse eine langen Tradition von Propriumsvertonungen zu den höchsten Feiertagen der katholischen Kirche. Wie sehr der "Salzburger" Haydn auch hier die alten Traditionen weiterführte, in dem er seine Werke im style antico schrieb, gleichzeitig aber sehr geschickt in die Tonsprache seiner Zeit kleidete, soll anhand einer übergreifenden Analyse der Responsorien und einem Vergleich mit Werken von Palestrina, de Victoria und di Lasso dargestellt werden. Hugo, Robert (Brno-Praque) Department of Musicology, Masaryk University robert.j.hugo@gmail.com Einige Beiträge zur Instrumentierung des Karfreitgsoratoriums in Böhmen im 18. Jahrhundert Der Beitrag befasst sich mit der Instrumentierung der in den böhmischen Ländern für den Karfreitag komponierten Oratorien des 18. Jahrhunderts und mit bis jetzt unbeantworteten Fragen, deren Beantwortung neue Erkenntnisse für die Forschung über diese Gattung des Hoch- und Spätbarocks bringen kann. Die Instrumentalbesetzung in der Barockzeit stellt einen Komplex dar, der mit der musikalischen Rhetorik und dadurch auch mit dem inneren Gehalt der Musik verbunden ist, wie vor allem aus den Untersuchungen der Werke von Johann Sebastian Bach bekannt ist. Für uns sind die Fragen zu beantworten: War die Anwendung der musikalischen Rhetorik auch für die in Böhmen komponierten Werke üblich? Wurden dabei spezifische Instrumente verwendet, die den bestimmten Affekten Ausdruck verleihen konnten? Wie hat sich die Instrumentierung des Oratoriums von der der zeitgenössischen Messe und der Oper unterschieden? Welchen Einfluss hatte der in Wien 1771 gegründete Pensionsverein für Witwen und Waisen österreichischer Tonkünstler (Tonkünstler-Sozietät) auf die instrumentale Besetzung der Oratorien? Ist es möglich, auch in diesem Sinne von Josephinischen Reformen reden? Die Beantwortung dieser Fragen wird aufgrund folgender Beispiele versucht: 1) Die Oratorien-Aufführungen am Karfreitag auf dem Kreuzherrenplatz (Jan Dismas Zelenka); 2) Zwischen Barock und Klassik (Anton Moritz Taubner); 3) Das Neapolitanische Oratorium in Prag (Giovanni Battista Sammartini und Franz Xaver Brixi); 4) Der Josephinismus und die Orchesterbesetzung (Kozeluch und Rosetti). Jez, Tomasz (Warsaw) Institute of Musicology, Warsaw University tomasz.jez@uw.edu.pl Between Liturgy and Theatre. The Jesuit Lenten Meditations from the Baroque Silesia The pastoral practice of Jesuits in early modern Silesia involved a variety of cultural experiences. Its objective was to influence and transform the religious life of diverse social circles. In order to fulfill their purposes, they used different strategies both adopted from the tradition and newly invented ones. One of the fields of their experiments was music, which served both to enrich various forms of the liturgy and to strengthen the persuasiveness of various genres of Jesuit school drama. Both trends interfered in the hybrid form of the Lenten meditations, organized by Marian Sodalities and served to those communities. The meditationes quadragesimales paradoxically combined elements of the liturgical worship with theatre performance. Its keystone was the concepts of compositio loci and applicatio sensuum borrowed from Ignatian Spiritual Exercises. Both methods served for the sensual representation of the spiritual themes and their meditation, presented for the community but carried on by its individuals. Its social impact was extremely large, because of its synesthethic poetics, which combined language, visual, movement, design and music elements. The perception of such multimedia repraesentatio should develop in the audience the ability of describing and controlling their own emotions. Of equal importance was the rhetorical form of presentation itself, which encouraged the addressees to identify with the presented contents. Music performed in this context revealed features of as well liturgical like the theatre actions. The combining of the rhythms of liturgical life with the community-building scenic activities associated with the different periodic forms of music architectonics. Librettos of Silesian meditationes preserved in Wrocław University Library juxtaposed to some compositions connected to this practice confirms the key role of music there. For the participants of meditationes the music was a medium of rhetorically amplified affect, coded (as affectus musicus) and received on the level of the receiver’s psyche. Its purpose was to interiorize the message and to retain it in the man’s volitive sphere. Jochymczyk, Maciej (Krakow) Jagiellonian University, Krakow maciek.jochymczyk@gmail.com Oratorios by Amandus Ivanschiz in the context of musical sources and liturgical practice. Among the works by Amandus Ivanschiz OSPPE (1727–1758) there is a number of compositions entitled Oratorios that do not fit the accepted definitions of the genre. The pieces, as we know them today, are short religious cantatas with texts praising Jesuit saints. The purpose of this paper is to give an overview of the critical analysis of the preserved musical sources and the assessment of their credibility, as well as putting Ivanschiz's Oratorios in the context of liturgical tradition of Jesuits from Graz, for whom the compositions were written. Such an approach enables us to clarify the adopted definition of the genre and the role the music initially played. (The starting point for this paper was an excerpt from the doctoral dissertation The Church Music of Fr. Amandus Ivanschiz OSPPE by the author, defended at the Institute of Musicology of the Jagiellonian University in June 2012). Jonášová, Milada (Prague) Department of Music History, Academy of Science of the Czech Republic miladajonas@gmail.com Phänomen der Kontrafakturen in der böhmischen Musikkultur des 18. Jh. Der Beitrag ist einem spezifischen musikhistorischen Phänomen (Kontrafactum) gewidmet, das in den Ländern der böhmischen Krone im 18. Jahrhundert verbreitet war. Es handelt sich um die Transformation von italienischen Opernarien und Ensembles in Kirchenarien und Kirchenkompositionen. Durch Neutextierung mit lateinischen geistlichen Dichtungen wurden die Opernarien mit profanem Inhalt für kirchenmusikalische Aufführungen nutzbar gemacht. Die Ergebnisse der langjährigen Forschung in wichtigen böhmischen Kirchenmusiksammlungen ermöglichten es, die Spezifika und Unterschiede in verschiedenen Lokalitäten zu definieren. Besondere Aufmerksamkeit wird den Kontrafakturen aus W. A. Mozarts Kompositionen gelten. Jung, Hermann (Mannheim) Mannheim University of Music and Performing Arts hermann_jung@hotmail.com Musik im Spannungsfeld zwischen Leiblichkeit und seelischer Befindlichkeit. Dietrich Buxtehudes Kantatenzyklus "Membra Jesu nostri" (1680) Das singuläre Meditationswerk am Ende des 17. Jahrhunderts zur Passion Christi des norddeutschen Komponisten löst nach Text, Musik und auch durch Bilder des Gekreuzigten gezielt menschliche Affektreaktionen aus. Sie gilt es neben der kultur- und musikgeschichtlichen Einordnung zu erläutern und zu interpretieren. Kačic, Ladislav (Bratislava) J|n Stanislav Institute of Slavistics, Slovac Academy of Science slavkaci@savba.sk Schuldramen und Oratorien bei den Pressburger Jesuiten im 18. Jahrhundert Das Oratorium gehörte gewiss nicht zu den bevorzugten Musikgattungen der Jesuiten im 17.–18. Jahrhundert. Die Pressburger Jesuiten haben jedoch im 18. Jahrhundert ausser den für sie typischen Schuldramen auch Oratorien aufgeführt. Das „goldene Zeitalter“ des Oratoriums in Pressburg waren die 20er–30er Jahre des 18. Jahrhunderts, d. h. die Amtsperiode des Fürstprimas Emericus Esterh|zy. Damals waren in der Pressburger Jesuitenkirche jährlich 1–2 u. a. dem Primas gewidmeten Oratorien des Libretisten F. Syhn und des Komponisten J. M. Schenauer aufgeführt. Wir kennen aber von ihnen leider nur die Textbücher. Die Pressburger Jesuiten haben auch mit dem Hofkomponisten G. Ch.Wagenseil zusammengearbeitet: aus dem Oratorium Mater dolorum (1773) ist lediglich auch nur ein Libretto überliefert, ein bisher noch unbekanntes Oratorium per la Novenna di S. Xaverio (um 1750) ist jedoch komplett erhalten geblieben. Kapsa, Václav (Prague) Department of Music History, Academy of Science of the Czech Republic vaclav.kapsa@gmail.com Die Musik in der St. Nikolauskirche auf der Prager Kleinseite in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Die St. Nikolauskirche der Jesuiten auf der Prager Kleinseite wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaut. Sie stellt eines der bekanntesten Denkmäler der Architektur des Hochbarocks in der Hauptstadt Böhmens dar. Auch auf der musikalischen Landkarte Prags nimmt die Kirche einen sehr wichtigen Platz ein. Der Beitrag versucht, die fast unüberschaubare Quellenlage zum Thema der Musik in der St. Nikolauskirche – mit besonderer Rücksicht auf die für die Kirche direkt komponierten bzw. bearbeiteten Werke – darzustellen. Es werden vor allem die in deutscher Sprache aufgeführten Oratorien sowie die Musik bei den Trauerfeiern für die an der Kirche tätigen Bruderschaften behandelt. Maňas, Vladimír (Brno) Department of Musicology, Masaryk University Vladimir.manas@gmail.com Music and liturgy during the Holy Week at the colleges of Societas Iesu in Moravia As Lost as a Jesuit in Holy Week? Based on mainly jesuit sources from the Moravian colleges in Brno, Telč and Olomouc, the paper explores liturgical and paraliturgical activities within the Holy Week. According to their pastoral strategies, Jesuits emphasized various paraliturgical practices, such as Lenten meditations, processions on Maundy Thursday or Good Friday, often accompanied by theatrical productions and oratories. Thus they tried to spread their usus pietatis among the inhabitants of the town, often through various Marian congregations. Maul, Michael (Leipzig) Leipzig University, University of Music and Theatre „Felix Mendelssohn Bartholdy“, Leipzig MichaelMaul@gmx.de Sang Jesus „Kreuziget ihn“? Besetzungsstrategien in protestantischen Passionsaufführungen des 18. Jahrhunderts zwischen Kontinuität und Wandel Es herrscht allgemeiner Konsens darüber, daß sich die zeitgenössische Darbietungsweise der figuralen Passionsmusiken des 18. Jahrhunderts grundlegend von der heutigen (Wieder-)Aufführungspraxis unterscheidet. Anders als heute wurden die Arien einst nicht von Solisten gesungen, die vom Chor separiert waren, sondern von Mitgliedern des Chors. Folglich sangen alle Sänger der Arien auch die Chöre und Choräle und der Sänger der „Jesus-Partie“ in den Passionen folglich auch die Turba-Chöre. Die heutige Praxis – mit zusätzlichen Solisten – scheint im 19. Jahrhundert ausgeprägt worden zu sein: wohl vor allem durch die Wiederaufführungen der Bachschen Passionen durch Laienchöre und professionelle Solisten. Die Beschäftigung mit den originalen Aufführungsmaterialien zur Matthäus-Passion des Sondershäuser Hofmusikus Johann Christoph Rothe (aufgeführt mehrfach zwischen 1697 und circa 1760) und zu Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion (Aufführungen 1724–1749) zeigt jedoch, daß die zeitgenössische Aufführungspraxis keineswegs einheitlich war. Vielmehr scheint sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Trend abzuzeichnen, die Passionsmusiken mehr im Sinne eines Rollenspiels darzubieten, und dies brachte sie nicht zuletzt in die Nähe der – vor allem in den katholischen Reichsgebieten gepflegten � Passionsspiele, rief jedoch andererseits Kritiker auf den Plan, die gerade deshalb ihre Abschaffung forderten. In meinem Vortrag soll die Entwicklung und Bandbreite der vokalen Aufführungspraktiken der beiden genannten Passionsmusiken geschildert und auf den zeitgenössischen Diskurs zur Statthaftigkeit von Passionsvertonungen eingegangen werden. Es stellt sich schließlich die Frage, ob Mendelssohns Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion 1829, zumindest was die Besetzungspraxis der solistischen Teile betraf, doch gar nicht soweit von der Darbietungsweise der 1750er Jahre entfernt war. Mellace, Raffaele (Genoa) University of Genoa raffaelemellace@alice.it From Court Chapel to Public Concert: Hasse’s Oratorios from Dresden to Vienna In the early 1770s Johann Adolf Hasse proposed two of his oratorios, originally conceived for the Court Chapel of King August III in Dresden 35 to 40 years earlier, as productions of the Wiener Tonkünstlersozietät, a Society for the support of musicians’ widows, to be performed at the Kärntnertortheater in Vienna. While accepting to offer his works for this charitable enterprise – the same row of concerts would have hosted some months later Haydn’s first oratorio Il ritorno di Tobia – mature Hasse revised the scores of Sant’Elena al Calvario and Il cantico de’ tre fanciulli, adapting them from their original destination to the new one. Major chances concerning orchestration, vocal roles, recitatives, choral writing and numerous details in expression match both the changed stylistic connection and the different destination of the oratorios, meant for a different public, different performers and a different space. This particular case of an autograph revision by the author himself shows very clearly the potentials of metamorphosis of oratorio as a genre permanently positioned between Church and Theatre, Court and Town. Perutková, Jana (Brno) Department of Musicology, Masaryk University perutkov@phil.muni.cz Die von Questenbergschen Musikern aufgeführten Oratorien in Mähren in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts Die von Johann Adam Graf Questenberg (1678–1752) vor allem in seiner zentralen Herrschaft in Jarmeritz aufgeführten Sepolcri stellen einen bemerkenswerten Bestandteil des Musiklebens in Mähren in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts dar. Sie wurden in der zum Schlosskomplex gehörenden St. Margareth-Kirche gegeben. Das Bemühen, seine Untertanen bei den Jarmeritzer musikalischen Veranstaltungen aktiv mitwirken zu lassen, war für den Grafen charakteristisch. Die Bewohner von Jarmeritz bildeten auch das Publikum: Questenberg hat mittels der in die tschechische Sprache übersetzten Libretti seinen Untertanen ein künstlerisches Verständnis zu vermitteln versucht. Einige Sepolcri sind auch direkt auf einen tschechischen Text komponiert worden. Der wichtigste Komponist solcher Werke war František Antonín Míča, der Hauskomponist des Grafen. Seine diesbezüglichen Kompositionen dieser Gattung sind für die Jahre 1727–1733 feststellbar. Die erhaltenen Libretti belegen, dass Questenberg in den 30er Jahren Sepolcri auch in Brünn und Olmütz durch seine Musiker aufführen ließ. Wie es scheint, fanden diese Aufführungen ziemlich regelmäßig am Gründonnerstag in der Kapuzinerkirche der Erhöhung des Hl. Kreuzes in Brünn statt, während der Karfreitag den Aufführungen in Jarmeritz vorbehalten war. Im Jahre 1736, als Questenberg zum Prinzipalkommissar des mährischen Landtags ernannt wurde, ließ er in Brünner Kirchen zwei große Oratorien aufführen: Il martirio della madre de’ Maccabei von Francesco Bartolomeo Conti und Sant’Elena al Calvario von Antonio Caldara. Prominczel, Johannes (Melk) jopromi@yahoo.de Die Sepolcri von Marc’Antonio Ziani Das Sepolcro als musikdramatische Gattung ist ein Eigenheit des Wiener Hofs. Es handelt sich dabei um eine Art szenisch dargestelltes, einteiliges Oratorium, das ab etwa 1640 jeweils am Gründonnerstag oder Karfreitag vor dem Heiligen Grab aufgeführt wurde. Unter den fruchtbarsten Komponisten des Sepolcro sind vor allem Giovanni Valentini, Johann Heinrich Schmelzer und Antonio Draghi zu nennen. Marc’Antonio Ziani (ca. 1652–1715) wirkte lediglich rund 15 Jahre am Wiener Hof und gehört dennoch – nicht zuletzt durch über 800 belegte Aufführungen seiner kirchenmusikalischen Werke bis etwa 1740 – zu den prägenden Komponisten am Kaiserhof in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Bemerkenswert ist, dass er in seiner etwa verglichen mit Draghi verhältnismäßig kurzen Zeit in Wien drei verschiedenen Kaisern diente: Leopold I., Josef I. und Karl VI. Zwischen 1701 und 1711 komponierte Ziani zehn Sepolcri, bei allen blieb das Libretto erhalten, bei sieben davon auch die Partitur. Während unter Leopold I. die Sepolcri Zianis jeweils als Rappresentazione Sacra al SS. Sepolcro bezeichnet werden, sind sie danach mit Oratorio cantato al SS. Sepolcro bezeichnet, ferner fehlen ab 1706 szenische Anweisungen, die auf eine rein konzertante Aufführung schließen lassen, wodurch sich spätere Sepolcri dem Oratorium annähern. Während Frühzeit und Vorläufer der Gattung bereits hinlänglich betrachtet wurden soll daher hier der Fokus auf deren Auflösung liegen. Dafür werden die Sepolcri Zianis näher untersucht. Rawson, Robert (Canterbury) Department of Music and Performing Arts, Canterbury Christ Church University robertlisa@me.com Music for Lent and Holy Week: Musical Manifestations of the idea of Humility This paper focusses on three case studies: Holy Week music by Antonín Mentzel (d.1740), Simon Brixi and an anonymous mid-century Passion setting in Czech, preserved in Brno. The patterns of Holy Week devotions throughout central Europe produced some of the most dramatic and elaborate music of the entire era. However, the emphasis on works along the scale of German masterpieces by Bach, Graun, Telemann and others has given something of a false picture of Holy Week devotional music more generally. In short, most churches simply didn’t have the resources either to composer or even to perform works on that scale’yet music history texts might leave some to believe that such large-scale works were typical. This has happened, in some degree, at the expese of smaller and more localy-produced examples; such as those from the Czech lands examined here. In this paper I will look at two Bohemian examples and one from Moravia to examine how the idea(s) of ’humility’are manifested in the musical works and in their performance. In the case of a Miserere setting by A. Mentzel (composing for the monastery at Broumov), the concept of humility is seen in the tuning down of some instruments a tone and replacing the violins with violas for the second of the three lessons. The inclusion of the viola d’amore in this movement also has both physical and devotional (possibly even theological) implications. A similar understanding may have been in mind with Brixi’s pair of Latin arias accompanied by three violas (the humble alternative to the violin?). The Czech Passion preserved in Brno reveals a much stronger influence of Italian sacred oratorios’together it is hoped to present one aspect (that of ’humility’) of smaller-scale Holy Week devotions from the Czech lands in order to contribute a broader understanding of musical devotions during this important time in the liturgical calendar. Ryszka-Komarnicka, Anna (Warsaw) Institute of Musicology, Warsaw University ryszkom@hotmail.com Arcangelo Spagna’s road from mid-17th-century oratorio to “perfetto melodramma spirituale” as seen on the example of two versions of his oratorio based on Liber Judith. Arcangelo Spagna’s Oratori overo melodrammi sacri con un discorso dogmatico intorno l’istessa materia is always considered a milestone in a history of a Baroque oratorio. Published in Rome in 1706, it consisted of the oratorios written probably many years before that date. Recently earlier versions of two works from Spagna’s Oratori has been found and described by scholars: the case of Il trionfo dell’onest{ negl’avvenimenti della casta Susanna (Christian Speck) and Il trionfo della fede nel martirio de’ santi Eustachio e compagni (Mauro Sarnelli). My research allow me to identified the third such case: an earlier version of L’Amazzone hebrea nelle glorie di Giuditta, entitled Giuditta trionfatrice d’Oloferne, published in 1701 in Florence. The two versions, although the dates of their publication are very close, differ quite substancially from each other. The dramatic shape of Giuditta trionfatrice d’Oloferne, although without Testo, has many archaic features, proving that it could have been conceived as early as in the sixties or seventies of the 17th century. The comparison of the two versions shows strategies that Spagna employed to make his oratorio more operatic (theatrical) and to preserve its spiritual atmosphere as well. The final version, however, is far from being perfect, especially from dramatic point of view. Seder, Kimberly Beck (Vancouver) The University of British Columbia kbeckseder@gmail.com Blending the Secular and Sacred: Instrumental Textures in Worship in the Seventeenth Century In the seventeenth century composers employed traditionally secular instrumentations, such as that of the solo violin or ensembles of brass or string instruments, in concerted settings of liturgical texts. While settings of the mass and office are not inherently dramatic, composers used instrumental textures to create dramaturgical effects in these sacred works. As a result, these concerted settings hang in the balance between two sacred genres, the Latin sacred concerto and the oratorio. Moreover, these works demonstrate how composers in the seventeenth century experimented with the blending of genres and evaded the classifications carefully designated by theorists of the period, such as Athanasius Kircher and Michael Praetorious. Andreas Hofer (c.1629-1684), a composer active in Salzburg for his entire career and the majority of whose surviving works are held in manuscript at Kroméříž, provides an intriguing example of the use of instruments and genre blending in liturgical contexts. Hofer’s Ver sacrum seu Flores (1677) consists of eighteen offertories for a variety of instrumental and vocal ensembles, each work labeled for a particular feast throughout the church year. Throughout the collection Hofer employs different instrumentations functioning in a variety of musical capacities and contributing to both the affective and dramaturgical settings of specific passages of text. In this paper, Hofer’s collection demonstrates how composers used instrumental textures to contribute to the expressive and dramatic qualities of sacred works. Following a brief discussion of methods for communicating meaning with instrumental music in the seventeenth century, I examine Hofer’s use of instruments to create particular moods or reference specific topics, such as those of war and devotion, in liturgical constructs. Finally, I describe how Hofer used instruments to depict dramatic characters or scenes reflected in the liturgical texts themselves. Ultimately, this paper shows how Hofer’s instrumentally-accompanied offertories blend characteristics of both the Latin sacred concerto of the seventeenth century and the burgeoning genre of oratorio in the eighteenth century. Sehnal, Jiří (Olomouc) Department of Musicology, Palacký University jiri.sehnal@email.cz Frömmigkeit und Musik Der Beitrag ist dem Begriff Frömmigkeit und seinem Bezug zur Musik gewidmet. Das wichtigste Dokument für die katholische Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts war die im Jahr 1749 erschienene für das Jubeljahr 1750 herausgegebene Enzyklika des Papstes Benedikt XIV. Annus qui. Die Enzyklika stellt eine verspätete Reaktion der Kirche auf den stile nuovo und auf die Oper dar. Ihr Ziel war, den Einfluß der auf dem Feld der profanen Musik erfundenen Neuigkeiten auf die liturgische Musik zu mildern. Es scheint, dass sie im Jahr 1750 in der Habsburgermonarchie nicht veröffentlicht wurde, da das Verbot der Trompeten und Pauken in den Kirchen erst 1754 von der Kaiserin Maria Theresia herausgegeben worden ist. Seifert, Herbert (Vienna) Department of Musicology, Universtity of Vienna herbert.seifert@univie.ac.at Oratorien und Sepolcri am Wiener Kaiserhof von den Anfängen bis 1740: Gattungsbezeichnungen, Struktur, Aufführungspraxis und -orte Die Rappresentazione sacra al Santissimo Sepolcro, kurz als Sepolcro bezeichnet, war eine Gattung, die in dieser bestimmten Aufführungspraxis – als einteilige szenische Darbietung über den Tod Christi vor einem Szenenprospekt in der kaiserlichen Hofburgkapelle bzw. vor dem Heiligen Grab in der Kapelle der Kaiserin Witwe Eleonora (+1686) – von den 1640er Jahren bis zum Tod Kaiser Leopolds I. (1705) in der Karwoche ausschließlich in Wien zu sehen war. Zweiteilige Oratorien über andere biblische Stoffe oder solche der Heiligenlegende gelangten bis zum Tod Eleonoras wöchentlich in der Fastenzeit vor der Karwoche in ihrer Kapelle und danach immer – bis zum Ende der besprochenenZeit - in der kaiserlichen Kapelle zu konzertanter Aufführung, ohne Szene und Kostüme. Im 18. Jahrhundert gingen diese beiden früher deutlich unterschiedenen Gattungen eine Fusion ein: unter Kaiser Joseph I. (1705-1711) änderte sich nicht nur die Bezeichnung der Sepocri in „Oratorien“, sondern auch ihre Aufführung durch das Fehlen von szenischen Anweisungen und Hinweisen auf gemalte Prospekte. Sein Bruder und Nachfolger Karl VI. ließ die Bezeichnungen dieser Werke vor dem Heiligen Grab in Componimento sacro oder Azione sacra al SS. Sepolcro ändern, auch die Stoffe änderten sich, und ihre Zweiteiligkeit ist ein weiteres Zeichen für die Angleichung an die Oratorien vor der Karwoche. Auch der Tag der Aufführung wird geändert, denn statt Karfreitag ist es nun der Dienstag davor. Die Oratorien haben ihren Platz nun gewöhnlich an den Donnerstagen der Fastenzeit. Wie die reichen instrumentalen und vokalen Mittel der kaiserlichen Hofkapelle in differenzierter Weise in diesen ursprünglich deutlich unterschiedenen und später fusionierten Gattungen eingesetzt wurden, soll in dem Referat auch thematisiert werden. Spáčilová, Jana (Brno) Department of the History of Music, Moravian Museum janasp@seznam.cz Unbekannte Brünner Oratorien von Neapolitanischen Komponisten vor 1740 Die Stadt Brünn hat in den 20er und 30er Jahren des 18. Jahrhunderts eine große Blüte der Aufführungen von italienischen Oratorien erlebt. Ein wichtiger Initiator dieser Produktionen war der Bischof von Olmütz und ehemalige Vizekönig des Königreiches Neapel Wolfgang Hannibal Kardinal von Schrattenbach (1711– 1738). Es wurden mehrere sonst unbekannte Werke bedeutender Komponisten aus Neapel (Vinci, Porpora usw.) aufgeführt. Am Beispiel einiger Libretti und Partituren der in Brünn gespielten Oratorien wird gezeigt, wie das musikalische Material behandelt wurde und wie sich die Gattungen Oper und Oratorium überschnitten. Es wird auch eine Hypothese über die Genesis dieser Werke vorgestellt und eine Übersicht aller vor 1740 in Brünn bis jetzt bekannten aufgeführten Oratorien geboten. Veselá, Irena (Brno) Department of the History of Music, Moravian Museum irena.vesela@volny.cz Die Hl.-Mariä-Verehrung im Musikrepertoire des Augustinerstiftes bei St.-Thomas in Brünn in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts Der Augustiner-Eremiten-Stift in Brünn besass und bis heute besitzt ein Gnadenbild der „schwarzen“ Madonna Wundertäterin (Thaumaturga), das besonders seit der schwedischen Belagerung der Stadt im Jahre 1645 von der Brünner verehrt wird. Vom Jahre 1733 ab fanden vor diesem Bild in der St.-ThomasStiftskirche regelmässige Andächte statt, bei denen Lauretanische Litaneien und Salve Regina gesungen worden waren. Deshalb hatten die Augustiner viele Vertonungen von diesen Gebeten von verschiedenen damaligen Komponisten (z. B. Brixi, Brossmann, Tuma, Zechner, Zimmermann) gesammelt. In den 50.-70. Jahren des 18. Jahrhunderts wurden diese Werke zum einen der wichtigsten Teilen der augustinischer Musiksammlung. Wagner, Undine (Dresden) The Department of Musicology Weimar /Jena undine.wagner@t-online.de Vom Dramma per musica zur kirchenmusikalischen Praxis – Geistliche lateinische Kontrafakturen italienischer Opernarien in mährischen Klöstern und Kirchen Trotz aller Klagen gegen die wachsende Säkularisierung und den sogenannten Verfall der Kirchenmusik war es im 18. und 19. Jahrhundert eine übliche und weit verbreitete Praxis, italienische Opernarien (seltener auch Ensemblenummern) mit lateinischen Texten zu versehen und bei Bedarf durch musikalische Bearbeitung dem liturgischen oder paraliturgischen Gebrauch anzupassen. Von den zahlreichen Zeugnissen solcher Kontrafakturen, die sich in den erhalten gebliebenen Musikbeständen der ehemaligen böhmischen Länder befinden, stammt ein beträchtlicher Teil aus mährischen Klöstern und Kirchen. Die überlieferten Notenhandschriften der Kontrafakturen werfen Fragen auf, zu deren Beantwortung das Referat beitragen soll: Welche Komponisten sind vertreten? Gibt es unsichere Zuschreibungen oder Fehlzuweisungen? Aus welchen Werken stammen die originalen Vorlagen? Wo werden die Quellen heute aufbewahrt und woher stammen sie? Sind Schreiber und/oder Vorbesitzer namentlich bekannt? Für welche (para-)liturgischen Zwecke waren die Kontrafakturen bestimmt? Welche Handschriften enthalten Aufführungshinweise? Existierten Konkordanzen – eventuell auch mit anderen lateinischen Textunterlegungen – innerhalb oder außerhalb der böhmischen Länder? Lässt sich feststellen, welche Stücke sich besonderer Beliebtheit erfreuten, und wenn ja – warum? Ob es unter den mährischen Quellen auch lateinische Umtextierungen von Ausschnitten aus italienischen Oratorien gab (wie z. B. in Prager Sammlungen), wäre noch zu untersuchen. Als wichtige Ergänzung zum Text erfolgt ein Überblick über die bisher ermittelten lateinischen Kontrafakturen und deren italienische Vorlagen (geplant ist eine Auflistung als Handout bzw. später als Anhang für die Schriftfassung). Anhand ausgewählter Beispiele soll dem Einfluss italienischer Opernmusik auf die Kirchenmusikpraxis in Mähren nachgespürt werden. Zedler, Andrea (Graz) Institute of Musicology, Karl Franzens University, Graz andrea.zedler@uni-graz.at „con una Cantata volgare sopra la Nativit{ del Bambino Gesù“ Antonio Caldaras „Cantate per il Santissimo Natale“ im Kontext seines römischen Kantatenschaffens Innerhalb des umfangreichen Kantatenschaffens des venezianischen Komponisten Antonio Caldara lässt sich lediglich eine geringe Anzahl geistlicher Kantaten ausmachen. Dies ist nicht zuletzt dem musikalischsozialen Umfeld geschuldet, das der Komponist in Rom vorfand und das vorsah, neben Opern und Oratorien vorrangig weltliche Kantaten für „Conversazioni“ – eine Art sonntägliche Abendveranstaltung eines Kreises stadtrömischer Adeliger und Kleriker – seines Mäzens Francesco Maria Ruspoli zu komponieren. Im Zuge dieser Tätigkeit Caldaras für den Principe entstanden zwischen 1709 und 1716 an die 200 Kantaten auf Grundlage von weltlichen Texten. Dem stehen lediglich sieben Kantaten gegenüber, die jeweils für ein Weihnachtsfest komponiert wurden–darunter die „Cantata da recitarsi la notte del SS. mo Natale nel palazzo apostolico“ (1713), deren Text von Paolo Gini verfasst und mit der bemerkenswerten Anzahl von 67 Musikern aufgeführt wurde. Es handelt sich hierbei um das einzige Werk Caldaras, das zu den von Andrea Adami 1711 so bezeichneten „Cantate volgari sopra la Nativit{ del Bambino Gesù“ gezählt werden kann, die am 24. Dezember nach der Vesper im Vatikan aufgeführt wurden. Ausgehend von dieser Komposition wird der Vortrag unterschiedliche Fragen zur Tradition dieser speziellen Art von Werken für den apostolischen Hof aufwerfen. Hierunter fallen solche nach der Auswahl der Komponisten ebenso wie solche nach den Textdichtern und der Textgestaltung. Auf dieser Basis wird sich der Beitrag der grundsätzlichen Problematik der Gattungsspezifka annähern, stehen diese Werke doch – und das zeigt nicht zuletzt die Diskussion in der wissenschaftlichen Literatur – zwischen größer angelegten Kantaten und Oratorien. Abschließend wird die Kantate in Beziehung zu Caldaras weiteren „Cantate per il Santissimo Natale“ gesetzt, die im Palazzo seines Mäzens aufgeführt wurden und an einigen Beispielen vergleichend die Textgestaltung und die jeweilige musikalische Umsetzung am Schnittpunkt zwischen Sakralem und Profanem in den Blick genommen. Žůrek, Pavel (Brno) Department of Musicology, Masaryk University pavelzurek@gmail.com The Practice of Music in Rajhrad Monastery in the 1st Half of 18the Century Continuity of change is perhaps the best characteristic for a wide range of activities that influenced the everyday life in Rajhrad benedictine monastery in South Moravia during the first half of the 18th century.These activities reached their climax under propst Anton Pirmus (1709-1744) in an ambitious architectural project by famous architect Johann Santini of rebuilding monastery complex and above all monastery church. Attempt to answer an arising question how music practiced there and in general monastery´s musical life mirror the above mention continuity of change is aim of this paper. I try to formulate the answer by giving an insight into the evolving musical life in Rajhrad monastery in the first half of the 18 century and within this I accentuate local and distant individualities connecting with musical culture in Rajhrad, changes in repertoir and places in monastery where music was practiced.