Pünktchens Wunsch nach Fritz Kempf Es war einmal ein kleines Pünktchen, das lebte im Reich der Geometrie. Es war stets vergnügt und heiter, spielte mit den anderen Pünktchen, Strichen und Linien und liebte es, Kreise zu formen und Dreiecke und Rechtecke und Pyramiden und Würfel. Denn das taten die Pünktchen im Reich der Geometrie. Eines Tages aber hörte es von einer Welt, in der es auch Kinder gebe, die zwar keine Pünktchen seien, sondern Menschen, aber genau wie die kleinen Pünktchen Spaß hatten am Spielen und Herumtoben. Seit diesem Tag war das Pünktchen kein fröhliches Pünktchen mehr, sondern es wurde traurig und wünschte sich nichts lieber, als diese Menschenkinder zu sehen und mit ihnen zu spielen. Eine Fee hörte von dem unglücklichen Pünktchen und versprach, ihm zu helfen. Mit ihrem goldenen Zauberstab konnte sie das Pünktchen aus dem Reich der Geometrie auf die Erde zaubern. Sie sprach zu ihm: „Pünktchen, du darfst zu den Menschen gehen und sehen, was die Menschenkinder tun. Diesen Wunsch kann ich dir erfüllen. Aber es liegt nicht in meiner Macht, dich in ein Menschenkind zu verwandeln.“ „Das macht nicht’s“, erwiderte das Pünktchen, „solange ich nur zu den Kindern darf!“ So landete das Pünktchen auf einem Spielplatz voller Kinder. Es war ein wunderschöner Sommertag, die Sonne schien, die Bäume blühten und die Vögel zwitscherten. „Oh, dachte das Pünktchen, so sehen also die Kinder aus! Ich möchte so gerne mit ihnen spielen“, und es machte sich auf den Weg zu den Schaukeln, an denen gerade ein kleines Mädchen herumturnte. „Hallo“, rief das Pünktchen, „hallo hallo, kleines Mädchen! Hörst du mich denn nicht!??“ Aber das Mädchen schaukelte munter weiter. „Hallo! Ich möchte so gerne mit dir spielen! Sollen wir auf einer schiefen Ebene hinunterrutschen?" Das Mädchen gab keine Antwort. Es konnte das Pünktchen nicht hören, denn es war ja nur ein Pünktchen und ganz klein. So klein, dass es kein Mensch sehen oder hören konnte. Nun wurde unser Pünktchen wieder ganz traurig, und es fühlte sich allein und verlassen. Es rief nach der Fee, und gleich darauf erschien sie wieder in ihrem goldenen Kleid. „Was ist los mit dir, Pünktchen. Gefallen dir die Menschen nicht? Du wolltest doch so gerne zu ihnen?!" „Das schon", erwiderte das Pünktchen, „aber hier hört und sieht mich niemand. Ich bin so allein und traurig. Liebe Fee, bitte bring mich wieder zurück ins Reich der Geometrie!" Die Fee schwang erneut ihren goldenen Zauberstab, aus dem die Sternchen nur so heraussprudelten, und im nächsten Augenblick war unser Pünktchen wieder bei seinen Freunden, den Kreisen, den Dreiecken, den Trapezen und natürlich auch bei den anderen Pünktchen. Aus ihm wurde wieder ein fröhliches Pünktchen, das sich nie mehr wünschte, woanders zu sein als bei seinen Freunden, den Punkten, Strichen, Linien und Kreisen im Reich der Geometrie.