Wo sind die Malerinnen der Renaissance? https://www.youtube.com/watch?v=uY_Ut5NTbHo Florenz, 1504. Der Maler Raphael, damals noch nicht so bekannt wie heute, kommt in die italienische Metropole, um dort bei zwei großen Meistern zu lernen: Leonardo da Vinci und Michelangelo. Das perfekte Trio der Renaissance, und natürlich sind alle Männer. Florenz, 2019. Linda Falcone leitet die Stiftung „Advancing Women Artists“ und sammelt Geld für die Erfassung, Restaurierung und Ausstellung von Kunstwerken, die von Frauen stammen. „Diese Künstlerinnen sind deshalb nicht bekannt, weil sie von der Geschichte vergessen wurden. Unsere Arbeit stellt nur eine Frage: wo sind die Frauen?“ Während der Renaissance haben es die Männer immer geschafft, Frauen vom Malen abzuhalten. Anatomiestudien und Akte – verboten! Kunsthandel und Zugang zu Ateliers? Ebenfalls verboten! Wenn sie malen durften, dann nur triviale, weltliche Motive. „Es ist bekannt, dass Frauen ab der Renaissance kein Geld verdienen durften. Professionelle Künstlerinnen konnten nur in den Ateliers ihrer Väter, Onkel, oder Brüder malen. Anfang des 16. Jh. mussten sich die Frauen sogar auf gewisse Weise anziehen wie Männer, um ihre Arbeit ausüben zu können“. Trotz dieser Hürden schafften es einige Frauen sich während dieser Epoche einen Namen zu machen. Die Bekannteste ist wohl Artemisia Gentileschi. Ihr Talent wurde zu Lebzeiten anerkannt, und Michelangelo gab bei ihr ein Gemälde in Auftrag. Dies war aber nur möglich, weil ihr bereits fünfzig Jahre zuvor jemand den Weg geebnet hatte: eine Nonne aus einer reichen Florentiner Familie namens Plautilla Nelli. Plautilla richtete in ihrem Kloster ein Atelier ein, finanzierte ihre Kunst geschickt durch Mäzene, und wagte sich an das Motiv schlechthin: sie malte ein sieben Meter langes Abendmahl und signierte es sogar. „Die Tatsache, dass Nelli ihr Gemälde signierte ist von großer Bedeutung. Sie müssen bedenken: sie lebte in einem Kloster, wo Frauen praktisch verschwinden, sich unsichtbar machen mussten. Plautilla aber fordert als Künstlerin ihr Eigentum ein und sagt: ‚Das ist mein Werk, ich bin die Malerin‘“. Rossella Lari restauriert Plautillas Werke, und hat ihren Appell gehört. Sie spricht mit der Künstlerin fünfhundert Jahre nach deren Tod: „Ich vertraue ihr Dinge an, die ich Ihnen nicht erzählen würde, aber ihr könnte ich alles sagen. Ich spreche sehr oft zu ihr, vor allem abends, wenn ich allein und ein wenig erschöpft bin. Das ist etwas sehr intimes. Physisch mache ich ja fast dasselbe wie Plautilla damals. Das haben wir gemein. Ich gehe vor dem Gemälde auf und ab wie es Plautilla und die Nonnen taten, die daran arbeiteten“. War sie sich ihrer Pionierrolle bewusst? „Ich denke nicht, dass sie sich bewusst war, welch wichtige Rolle sie als malende Frau spielte. Sie machte einfach ihre Arbeit. Das war ihr Leben und ihr Lebensunterhalt. Mit diesem Gemälde schenkte sie ihren Schwestern etwas das sie bewundern und auch behalten konnten. Plautilla hat dieses Werk für das Kloster geschaffen. Rossella und Linda bringen diese Werke heute endlich vom Kloster ins Museum. Und da wir nur wenig von Plautilla wissen, haben die beiden noch viel zu tun. „Wir sollten uns nicht mit Frauen beschäftigen, weil sie einer Minderheit angehören oder außergewöhnlich sind, sondern weil sie schlicht und ergreifend eine Hälfte der Menschheit darstellen. Ich halte mich also nicht für eine Feministin, sondern für eine Humanistin“.