Methoden der Text(sorten)analyse Schwerpunkte Einleitung Schwerpunkte: •1. Was ist und was will die Textlinguistik? •2. Textbegriff: Kriterien der Textualität •3. Textauffassungen •4. Textsorten •5. Analyse der Textstruktur: •5. 1. grammatische und lexikalisch-semantische Ebene der Textstruktur •5. 2. thematische Ebene des Textes, Grundformen thematischer Entfaltung •6. Analyse der Textfunktion •7. integrative Textanalyse Fachliteratur: •Brinker, Klaus: Linguistische Textanalyse. Einführung in • Grundbegriffe und Methoden. • 7., durchgelesene Auflage, Berlin 2010 •Fix, Ulla und Koll.: Textlinguistik und Stilistik für • Einsteiger. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 2. • Auflage, Frankfurt am Main 2002 •Gansel, Christina; Jürgens, Frank: Textlinguistik und • Textgrammatik. Göttingen 2009 •Fandrych, Christian/Thurmair, Maria: Textsorten im Deutschen. • Linguistische Analysen aus sprachdidaktischer Sicht, • Tübingen 2011 •De Beaugrande, R.-A./Dressler, W. U.: Einführung • in die Textlinguistik, Tübingen 1981 • • 1. Was ist und was will die Textlinguistik •TL – eine (relativ) junge Richtung in der Linguistik •Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre des XX. Jhs.: •Wechsel von der systemorientierten zur kommunikations- und funktionsbezogenen Sprachbetrachtung • = kommunikativ-pragmatische Wende •neue Impulse für die sprachwissenschaftliche Forschung •stürmische Entwicklung – kaum überschaubbare Vielfalt von Beschreibungsansätzen • große Anzahl von Publikationen Kommunikativ-pragmatische Wende •Gründe: •1) linguistisch: Abwendung von der Sprachsystembetrachtung (Grammatik, der Satz) und Zuwendung zum Text – die oberste Einheit der Sprache- Textbeschreibungsmodelle •Textgrammatik • 2) gesellschaftlich-historisch: mehr Kommunikation (Sprachgebrauch) •Situation der 60er Jahre: Studentenbewegung, Hippies, sexuelle Revolution, politische Auflockerung, mehr Demokratie, neue Massenmedien, technische Errungenschaften (Satelit, Computer…) •Kommunikationstheorie, Pragmalinguistik •Soziolinguistik •Psycholinguistik •Vorläufer: Stilistik, Rhetorik, Thema-Rhema-Gliederung • Sprechakttheorie (J. Searle/J. Austin) 2. Textbegriff, Kriterien der Textualität •Text – lat. textus – „Gewebe, Geflecht“ • texere – „weben, flechten“ • in vielen Lebens- und Wissensbereichen • außerhalb der Linguistik: • Literaturwissenschaft • Volkskunde • Journalistik • Theologie • Rechtswesen • Psychologie • Soziologie • Didaktik – Pädagogik • Kunst (Liedertexte..) Linguistischer Textbegriff: •verschiedene Textauffassungen – zusammenfassend zwei: •1. systematisch orientierte Textlinguistik (transphrastische Textauffassung): •„Satz“ – nicht mehr die oberste Einheit, sondern „Text“ – das primäre SZ (Peter Hartmann) • Text – kohärente Folge von Sätzen •Kohärenz – zentrale Kategorie – syntaktisch-semantische Beziehungen zwischen sprachlichen Elementen (Wörtern, Wortgruppen) in aufeinanderfolgenden Sätzen •Thema 2. kommunikationsorientierte Textauffassung – Anfang der 70er Jahre •Texte immer eingebettet in eine kommunikative Situation, stehen immer in einem Koprozess (Kommunikationsmodell) •Texte – nicht nur kohärente Satzfolge, sondern komplexe sprachliche Handlungen •Zweck, Ziel, ko Funktion des Textes •Handlungscharakter – Information, Appell, • Wunsch, Warnung, • Befehl…. Integrativer Textbegriff: •beide Textauffassungen komplementär •Text – sprachlich-strukturelle + kommunikative Einheit •Der Terminus Text bezeichnet eine begrenzte Folge von SZ, die in sich kohärent ist und als Ganzes eine erkennbare kommunikative Funktion signalisiert. (Klaus Brinker) 3. Kriterien der Textualität (nach de Beaugrande/Dressler 1981) •1) Kohäsion: die Art, wie Texte auf der Oberfläche durch grammatische Formen miteinander verknüpft sind (transphrastische Textbetrachtung) : ein Gerät – es •2) Kohärenz: Herstellung der semantisch-thematischen Einheit des Textes, z.B.: durch kausale Zusammenhänge: Sie kam nicht zur Prüfung, weil sie in einen schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn geraten ist. Kriterien der Textualität •(unser „Weltwissen“: Sie kam mit dem Auto. Sie fuhr auf der Autobahn.) •Kohäsion und Kohärenz (= Oberbegriff) – nicht voneinander zu trennen – grammatisch-semantische Struktur des Textes, beide Kriterien sind textzentriert Kriterien der Textualität •3) Intentionalität – Absicht des Textproduzenten, einen kohäsiven und kohärenten Text zu bilden (handlungsorientiert, kommunikativ-pragamtisch, über den Text hinaus) •4) Akzeptabilität – bezieht sich auf den Textrezipienten und dessen Einstellungen und Erwartungen: sinnvoll) •5) Informativität – die durch einen Text vermittelten Informationen stehen in einer angemessenen Relation zum Kommunikationsziel: Verständlichkeit, Angemessenheit... Kriterien der Textualität •6) Situationalität – jeder Text – durch die ko Situation bestimmt: Textproduzent, -rezipient, Thema, Kode, Kanal... Textsorte: Gestaltung des Textes entsprechend der ko Situation •7) Intertextualität – Texte beziehen sich immer auf das Muster einer Textsorte (publizistische Texte, literarisch-künstlerische Texte, Handelskorrespondenz, wissenschaftliche Texte, Fachtexte...) •8) Kulturalität – Texte beruhen auf kultureller Übereinkunft, immer geprägt von einer Kultur: Todesanzeige, Rezension, Leserbriefe, Graffiti… Werde Mitglied •Situationalität: •Aushang der St. Sebastianus Schützengesellschaft •Intentionalität: •Absicht, neue Mitglieder zu gewinnen •Akzeptabilität •Informativität •Intertextualität: •Textmuster Anzeige, kurze Sätze •Kohärenz: •Dreierstruktur, Klimax •Kohäsion: •Imperativformen •!!! Komischer Effekt: Doppelsinn des Verbes treffen – begegnen, erschießen • 4. Analyse der Textstruktur •Text – sprachlich-strukturelle und kommunikative Einheit •Textstruktur – Gefüge von Relationen, die zw. den Sätzen bzw. den Propositionen als den unmittelbaren Strukturelementen des Textes bestehen und die den inneren Zusammenhang (Kohärenz) des Textes bewirken • •Proposition – vom Satz ausgedrückter Sachverhalt: •Hans hat das Buch trotz seiner Krankheit beendet. – ein Satz, zwei Propositionen •Hans glaubt, dass der Urlaub schön wird. – zwei Sätze, eine Proposition •Der Mann, der die Bank überfiel, wurde von der Polizei gefasst. • • Textstruktur – zwei Ebenen: •1) grammatisch-lexikalisch-semantisch(syntaktisch-semantische Beziehungen zw. aufeinander folgenden Sätzen) - Kohäsion – • verschiedene sprachliche Mittel: grammatische u. lexikalisch-semantische •Prinzip der Wiederaufnahme • • Ebenen der Textstruktur •2) thematisch-semantische Ebene (logisch-semantische Relationen, in denen die einzelnen Propositionen zum Thema stehen (Inhaltskern) – Kohärenz •Thema: Hauptgedanke, Grundidee •Thema-Rhema-Konzept der Prager Schule (Vilém Mathesius) •Thematische Progression (60er Jahre, František Daneš) • • Beispiele: •grammatisch-semantisch: •1. Pronominalisierung - Personalpronomina, Demonstrativ-, Possessiv-, ... •2. Proadverbialisierung: Adverbien: lokal, temporal, modal... •3. Konjunktionen: kausal, konzessiv, konsekutiv... •4. Pronominaladverbien: darin, wozu, ... •5. Tempora: Wechsel: Perf.-Präs., Prät... •6. Artikelwechsel: Es war einmal ein König. Der König... • Beispiele: •lexikalisch-semantische Wiederaufnahme: explizit: •Referenzidentität (Bezeichnungsgleichheit) • •1. einfache Wiederholung: ein Mann - der Mann •2. Kohyponymie: Hyperonym-Hyponym-Beziehungen: ein Reh – das Tier •3. Synonymie – ein Mann – der Kerl • stilistische Synonymie •4. kontextuelle Synonymie • Beispiele: •Implizit: keine Referenzidentität 1.logisch-begrifflich: ein Problem – die Lösung, ein mühsamer Aufstieg – der Abstieg war leicht (Antonyme) 2.ontologisch (naturgesetzlich): ein Blitz – der Donner, ein Elefant – der Rüssel • (pars-pro-toto) •3. kulturell: eine Stadt – der Bahnhof, die Straße… Thematische Progression •Text B.Brecht: Herr K.: •1 – 2 – einfache lineare: den Elefanten – Der Elefant •2 – 3 – gespaltenes Rhema: List – nicht die kümmerliche List – sondern die List •4 – thematischer Sprung – 1 auf 4: Tier •5, 6, 7 – durchlaufendes Thema: es •8, 9 – abgeleitetes Thema: Rüssel – Ohren •10, 11, 12, 13, (14, 15) – durchlaufendes Thema: er •(abgeleitetes Thema) • Grundformen thematischer Entfaltung (Stilverfahren) •1. deskriptive: •Berichten: TS Nachricht, Bericht •Beschreiben: TS Gebrauchsanweisung, • Kochrezept… •2. narrative: Erzählen: TS Erzählung •3. explikative: Erklären, Erörtern: wissenschaftliche TS •4. argumentative: TS Zeitungskommentar, • Rezension/Kritik Funktion •Textfunktion: der Sinn, den ein Text im Koprozess erhält, der Zweck, den ein Text im Rahmen einer Ko-situation erfüllt •Kommunikationsabsicht des Textproduzenten: Absicht, die der Rezipient erkennen soll, sozusagen Anweisung des Emittenten an den Rezipienten, wie dieser den Text insgesamt auffassen soll: informativ, appellativ, obligativ usw. (Klaus Brinker) • • Textfunktion: •Informationsfunktion: Nachricht, Bericht, Sachbuch •Appellfunktion: Werbeanzeige, Kommentar, Gesetz, Antrag •Obligationsfunktion: Vertrag, Garantieschein, Gelöbnis •Kontaktfunktion: Danksagung, Kondolenzschreiben, Ansichtskarte •Deklarationsfunktion: Testament, Ernennungsurkunde •(Brinker 2010: 126) •