Hamburg und die Werbung Von Egbert A. Hoffmann (1) Die Hanseaten und die Hamburger Institutionen tun sich seit jeher schwer, ■wenn es darum geht, der Welt zu sagen: Seht, so attraktiv ist unsere Stadtl (2) Wenn andere Großstädter lautstark die Qualitäten ihrer Metropolen preisen, wird hier beredt geschwiegen. (3) Diese unerklärliche Scheu, über die unvergleichlichen Reize Hamburgs öffentlich zu sprechen, wird allgemein als „Understatement" bezeichnet — und das ist wohl als Kompliment gemeint. (4) Aber was hilft's: Ohne Selbstdarstellung sind leider keine Fremden zu bewegen, einer Stadt ein paar Stunden (oder ein paar Tage) ihres Urlaubs zu widmen, den sie eigentlich ganz woanders verbringen wollen. (5) Um so mehr ist zu begrüßen, daß die Fremdenverkehrszentrale jetzt eine sehr erfolgreiche Werbeaktion gestartet hat, um den Zwischenstopp an den nordsüdlichen Ferienstraßen anzubieten. (6) Und sie „verkauft" Hamburg genau dort, wo sich heute am ehesten potentielle Besucher finden lassen: in den norddeutschen Ferienorten. (7) Die ersten Erfahrungen bestätigen, daß die Ansprache an den richtigen Ort erfolgt — so macht Familie Krause aus Köln, zur Zeit auf einem Camping-Platz an der Lübecker Bucht, offensichtlich gern mal einen „Sprung" nach Hamburg, wenn sie erfährt, daß der Ferienetat nicht über Gebühr strapaziert wird. (8) Und Aage Jörgensen aus Aarhus rollt erwartungsfroh in Othmarschen von der West-Autobahn, wenn ihm an der dänischen Grenze „verklart" wird, wie preiswert ein Hamburg-Stopp sein kann. (9) Schnelle Straßen und Autobahnen haben, wie wir wissen, auch Nachteile — beispielsweise für Hamburg, das man seit Eröffnung des Elbtunnels ja so bequem . rechts oder links hegen lassen kann. (10) Um so wichtiger ist die angelaufene Werbeaktion: Sie hilft der Hansestadt, alte Freunde zurückzugewinnen und ihr neue Freunde zu machen. (aus: Hamburger Abendblatt v. 23. 6. 1976) ;bÜra die Analyse übersichtlich zu gestalten, ist es nötig, die Propositionen des ."Textes etwas knapper zu fassen und implizite Aussagen explizit zu machen. These: Die Werbeaktion der Hamburger Fremdenverkehrszentrale ist zu begrüßen (5). .Argumente: Die Werbeaktion ist notwendig (impliziert in 4). Untergeordnete A rgumente: (a) Hamburg ist eine attraktive Stadt (1). (b) Bisher wurde zu wenig geworben (1—3). (c) Hamburg ist leicht zu umfahren (9). (d) Sie hilft der Hansestadt, alte Freunde zurückzugewinnen und ihr neue Freunde zu machen (10). Die Werbeaktion ist erfolgreich (5/6). Untergeordnete A rgumente: (a) Der richtige Personenkreis ist angesprochen (6/7). (a') Hinweis auf Erfahrungen (Krause/Jörgensen) — Segment 7/8. Die Hierarchie der Argumente kann schematisch folgendermaßen dargestellt werden: . These 1. Hauptargument: 2. Hauptargumeiit: Hauptargument 1 Hauptargument 2 to (Die Linien bedeuten von oben nach unten „wird gestützt durch" und von unten nach oben „stützt" bzw. „stützen".) Eine Schlußregel (im Sinne Toulmins) ist nicht explizit vorhanden; sie ist aber unterstellt und kann folgendermaßen formuliert werden: Wenn eine "Werbeaktion notwendig und erfolgreich ist, dann ist sie zu begrüßen. Eine Stützung ist ebenfalls nicht ausgedrückt. Man konnte darauf hinweisen, daß die Schlußregel einem anerkannten Bewertungsprinzip der Alltagswelt entspricht. (Wenn eine Handlung notwendig und zugleich erfolgreich ist bzw. war, dann ist sie auch positiv zu bewerten.) Der Emittent glaubt einen solchen Grundsatz als zur gemeinsamen Wertbasis (mit seinen Lesern) gehörend unterstellen zu können.