FILM liebe auf den ersten Silberblick „My Big Fat Greek Wedding" war in den USA der Überraschungshit der Saison. Nun läuft die von Tom Hanks produzierte Komödie in den deutschen Kinos an. Wo nur hat man diese brutal komische Abfüll-Szene schon gesehen, in der die Eltern des Bräutigams gleich beim ersten Kennenlernen der Brauteltern irgendein grauenhaftes, aber sehr landestypisches Gesöff zu sich nehmen müssen? War's taiwanischer Reisschnaps in „Das Hochzeitsbankett"? Oder Grappa in „Mondsüchtig"? Egal, in „My Big Fat Greek Wedding", der nun in Deutschland mit dem Untertitel „Hochzeit auf Griechisch" anläuft, handelt es sich jedenfalls um - na was? Ouzo. Griechen saufen Anis-Fusel. Sie bauen mitten in Amerika Häuser, die der Akropolis nachempfunden sind. Und sie stopfen „Hochzeif'-Stars Corbett. Vardalos: Milde Klischee-Parade sich und ihre Gäste pausenlos mit Lammfleisch, Moussaka, Tsatsiki und noch mehr fettem Essen voll. Wie fast alle Filme, in denen sich Minderheiten über sich selbst lustig machen, also britische Inder über britische Inder („Kick It Like Beckham"), deutsche Türken über deutsche Türken („Kurz und schmerzlos"), schwedische Libanesen über schwedische Libanesen („Jalla! Jalla!") oder amerikanische Juden über amerikanische Juden (Woody Allens Lebenswerk), funktioniert auch „My Big Fat Greek Wedding" nach der goldenen Regel: Alle Vorurteile stimmen. In diesem Fall hat die Hauptdarstellerin sich die Klischee-Parade selber auf den Leib geschrieben. Die in Kanada aufgewachsene griechischstämmige Schauspie- lerin Nia Vardalos trat in Los Angeles mit einem Theaterprogramm auf, in dem sie von den Macken einer durchgeknallten Exilgriechen-Familie wie ihrer eigenen erzählte. Der Hollywood-Star Tom Hanks, selbst mit einer griechischstämmigen Gattin (sie trägt den trügerischen Namen Rita Wilson) gesegnet, begeisterte sich für den Stoff, spannte den Routinier Joel Zwick als Regisseur ein - und landete den Überraschungscoup der letztjährigen Kinosaison. Die Story vom leicht schielenden hässlichen Entlein (Vardalos), das mit einer schauerlichen Hornbrille auf dem Zinken und 30 Jahren in den keineswegs zierlichen Knochen in Papas Restaurant „Dan-cing Zorbas" bedient und von einem smarten Fremden (John Corbett, der Schönling aus der TV-Serie „Sex and the City") wachgeküsst wird, begeisterte in den USA mehr als 20 Millionen Zuschauer. Obwohl zunächst nur in wenigen Kinos gestartet, spielte das für rund 5 Millionen Dollar produzierte Werk allein an den US-Kassen bislang 230 Millionen Dollar ein: Beim Zeus! Dabei zeichnet sich „My Big Fat Greek Wedding" nicht nur durch einen gewissen marmornen Charme aus, sondern auch durch konsequente Überraschungsvermeidung, Zwicks Film kann durchaus als Beweis dafür herhalten, dass man nicht nur im olympischen Mannschaftssport, sondern auch im Kino ohne jeden kreativen Luftsprung triumphal abräumen kann -wenn man sich konsequent darauf beschränkt, aus Standardsituationen optimalen Nutzen zu schlagen. Zum Lachen ist dieser Film in seinen besten Momenten nicht durch kühne Wendungen zwischen der Liebe auf den ersten Silberblick und der pompösen Vermählung, sondern dank einer typengenauen Besetzung. Michael Constantine als griechischer Patriarch Gus etwa drückt seine Begeisterung für die neue Heimat Amerika dadurch aus, dass er kleine Wehwehchen ebenso wie lebensbedrohliche Krankheiten durch Aufsprühen eines Fensterputzmittels zu heilen glaubt. Dem Erfolg in den USA half es sicher auch, dass die wilde, fette, verrückte Zorbas-Bande sich in Wahrheit als die allerheilste amerikanische Vorzeigefamilie erweist - und das Land der Freien und Tapferen als mustergültige Integrationsmaschine. Richtig gespannt sein darf man aber auf die erste Ethno-Komödie nach dem September 2001, die aus dem Leben arabisch-muslimischer US-Einwanderer eine ähnlich versöhnlerische Klamauk-Show macht. Wolfgang Hobel □er Spiegel 4/2003 151