Kontrastive Stilanalyse literarischer Übersetzungen (Dt-Tsch) Schwerpunkte: Schwerpunkte: •1. Stilistik – Stil - Stilistische Textanalyse •2. Stilelemente und Stilfiguren •3. Stilistische Spezifik literarischer Texte •4. Einführung in die Translatologie, Spezifik der literarischen Übersetzung •5. Kontrastive Fallstudien (Übersetzungen literarischer Texte von Herta Müller, Ingo Schulze, Elfriede Jelinek, Judith Herrmann, Juli Zeh u.a., Jaroslav Rudiš •6. Selbständige kontrastive Stilanalyse Abschlusstest •1. Wer ist der/die AutorIn des vorliegenden Textauszuges? •2. Welche Stilmittel sind für ihn/sie typisch, wie würden Sie seinen/ihren Stil charakterisieren? • 3. Suchen Sie das Stilmittel aus, das für die Übersetzung Schwierigkeiten bereitet/bereiten könnte! •4. Übersetzen Sie den Textauszug ins Tschechische! 1. Stilistik – Stil - Stilistische Textanalyse •Stilistik – selbstständige linguistische Teildisziplin •neben anderen linguistischen Teildisziplinen: Phonetik und Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexikologie - das Sprachsystem •Probleme der angemessenen und wirkungsvollen Gestaltung der Rede, des Textes •Sprachliche Äußerungen in den vielfältigen Sphären der menschlichen Kommunikation - Alltag, Öffentlichkeit, Wissenschaft, Massenmedien, Belletristik •Gegenstand – die Kategorie „der Stil“ • • Der Stil •Stil – allgemein: „Der hat Stil...“ – „Das hat keinen Stil“ • Art und Weise der Gestaltung, der Äußerung • •die Ausdrucksweise - Sänger XY hat Stil- Kleider, Stimme • Lieder - originell, erhaben, vulgär, witzig…. • •Kunst (Architektur, bildende Kunst, Musik, • Literatur) • •Epochenstil – Gotik, Renaissance,Barock, Jugendstil, Moderne… • •Individualstil - Schriftsteller: Goethe, Novalis, G. Grass; (Maler: Picassso, van Gogh; Komponisten: Mozart, Debussy…) • •Sprachstil – Art und Weise der sprachlichen Äußerung • im Text (Textgestaltung) • Stildefinition •Der Stilbegriff : •Auswahl- und Anordung spezifischer Ausdrucksvarianten aus einem Feld äquivalenter sprachlicher Mittel und Konstruktionen - stellt das Sprachsystem zur Verfügung. Die Wahl der Ausdrucksvariante ist durch die •äußere Bedingungen (kommunikative Situation, soziale Umgebung) •innere Bedingungen wie Kenntnisse, Fertigkeiten, Gewohnheiten, Interessen, Einstellungen und Motive des Textproduzenten sowie –rezipienten •Der Stil ist also zwischen dem Text und seinen Strukturen und der kommunikativen Situation und ihren Gesetzmäßigkeiten angesiedelt • Stilanalyse •Schritt 1: Beschreibung des Kommunikationsbereiches: •Alltagskommunikation •Fachkommunikation •Offizielle Kommunikation (Rechtswesen, Amtsverkehr, Wirtschaft) •Massenmedien •Belletristik •TEXTSORTE: •Literarische Genres – Gattungen: Epik, Lyrik, Dramatik •Epik: Erzählung, Roman, Kurzgeschichte, Novelle •Schritt 2: Beschreibung der Textfunktion: informativ, appellativ, obligativ, kontakt-, deklarativ, poetische Funktion •Literarische Werke - Fiktion • Stilanalyse •Schritt 3: Beschreibung der Kommunikationsform: mündlich – schriftlich; gedruckt – elektronisch; Bücher, Publikationen •Schritt 4: Beschreibung der Textkomposition (Textaufbau) •Architektonik: Absätze, Kapitel… •innere Komposition: •themenbedingte Ebene: Synonyme, Antonyme, Hyperonym-Hyponym-Beziehungen, semantische Felder •verfahrensbedingte Ebene: Stilverfahren: Beschreiben, • Berichten, Erzählen, Schildern, Argumentieren, Erörtern (Erklären), Charakterisieren… • • Stilanalyse •Schritt 5: Beschreibung sprachlich-stilistischer Mittel: •Stilelemente: •Individualstil: welche Stilelemente werden vom Autor bevorzugt ausgewählt und kombiniert •lexikalische SE unter verschiedenen Aspekten: •grammatische SE (morphologisch, syntaktisch): direkte Rede, Doppelpunktstruktur, Parenthese •phonetische SE: Onomatopoe •Tropen und Stilfiguren: Metapher… •Stilzüge – Wirkung des Textes • • • Beispiel 1: Herta Müller •Herta Müller: Herztier (Roman), 5. Auflage 2009 •Herta Müller: Srdce bestie, přeložila Radka Denemarková, Praha 2011 •Individualstil von Herta Müller: •originell, kreativ •metaphorisch, „magisch“ •originelle komplizierte Metaphern und Symbole •Wortverbindungen und Wortbildungskonstruktionen • • • Herztier •Kompositum •Determinativ- oder Kopulativkompositum? •Kopulativ: Herz-Tier (Hemdbluse, schwarz-weiß…) •Übersetzung: Srdce – bestie (Bestie srdce) •„Herta Müller ve svém Srdci bestii…“ • „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •„Es gibt Wörter, die machen mit mir, was sie wollen.“ Die Schriftstellerin Herta Müller. •Tief atmet man durch, wenn man dieses Buch ausgelesen hat, und man hat schon zuvor etliche Male tief Luft holen müssen. "Atemschaukel" ist Herta Müllers großer, berührender Roman über ein sowjetisches Arbeitslager. •„Atemschaukel“ ist ein Lager-Buch. Rumänien, dessen König unter dem Druck der Sowjets im August 1944 den faschistischen Diktator Jon Antonescu abgesetzt und dem bis dahin mit Rumänien verbündeten Deutschland den Krieg erklärt hatte, wurde Anfang 1945 von den Russen gezwungen, sämtliche rumänischen Deutschen zwischen 17 und 45 Jahren, Männer wie Frauen, zur Zwangsarbeit in ukrainischen Lagern auszuliefern. „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •Es waren brutale Reparationsleistungen in Menschenform zum Wiederaufbau in der kriegszerstörten Ukraine. Diese politischen Hintergründe spielen in diesem Buch jedoch kaum eine Rolle, es gibt die Herren des Lagers, die Russen, und es gibt die Arbeitssklaven, zu denen der Erzähler dieses Buches gehört. Leo Auberg wird er genannt, ein Siebzehnjähriger, der schon seit einer Weile davon träumt, seiner Lebensenge zu entkommen und Neues, Fremdes, Anderes zu erfahren, was ihm dann ja auch auf grässliche Weise ermöglicht wird. • „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •Freundlicherweise wissen auch wir das von Anfang an, denn es ist Leo selbst, der die Geschichte erzählt. Es ist seine Geschichte, aber es ist auch die Geschichte all derer, die mit ihm dort waren und die nicht alle zurückkehren, ja es ist auch die Geschichte aller, die in vergleichbaren Höllen waren. Dort wird gegen jedes Individuelle das immer gleiche Schicksal verhängt, und das macht fast vergessen, dass das Elend, das Leiden selbst immer den Einzelnen trifft, diese Gewissheit bleibt. (Es gibt in diesem Buch keine Fragezeichen.) Und so hat Herta Müller dieses Buch auch geschrieben: als die Geschichte eines Einzelnen und die aller Geschundenen zugleich. Dafür steht ihr eine Sprache zur Verfügung, die außerordentlich ist, ein Ton von großer erzwungener Nüchternheit, als müsse immer wieder zwischen zwei Sätzen ein Schreien unterdrückt werden. Zugleich verfügt sie über eine poetische Erfindungskraft, die den Schrecken und das Schreckliche in Bilder fassen kann, die selbst dem Elend seine Würde lassen. •Denn furchtbarerweise ist es ja auch banal, wenn einer Hunger hat. Oder Angst. Oder friert. Oder sich anscheißt. Von der „Hautundknochenzeit“ ist da die Rede, vom „Hungerengel“, von der „Atemschaukel“, das sagt alles. „Der Unterleib war ausgefroren, die Beine schoben sich totkalt in die Därme.“ Oder: „Ich wollte langsam essen, weil ich länger was von der Suppe haben wollte. Aber mein Hunger saß wie ein Hund vor dem Teller und fraß.“ • „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •Komposition im Dt. – Wortgruppe im Tsch. (Adj.+Subst., nachgestelltes subst. Atributt): •Kapitel 1: Vom Kofferpacken •Kapitola 1: O balení kufru •Metaphorik: •„Ich habe mich so tief und so lang ins Schweigen gepackt, ich kann mich in Worten nie auspacken.“ (S. 9) •„Zabalil jsem sám sebe do hlubokého, táhlého mlčení, slovy se nikdy nevybalím.“ (S. 9) „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •„Dieser Schrecken, der Himmel fiel ins Gras.“ (S. 14) •„To strašlivé zděšení, nebe padlo do trávy.“ (S. 13) – expressiv, Metaphorik: „unten“ •ICH WEISS DU KOMMST WIEDER wurde zum Komplizen der Herzschaufel und zum Kontrahenten des Hungerengels.“ (S. 14) •„Věta VÍM ŽE SE VRÁTÍŠ byla komplicem lopaty srdcovky a protivníkem anděla hladu.“ (S. 13 – 14) – Kopmosita - Wortgruppen „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •Expressive Ausdrücke: •„Wie hinter mir der Advokat Paul Gast beim Drücken stöhnte, wie seiner Frau Heidrun Gast das Gedärm vom Durchfall quakte.“ (S. 21) •„Jak za mnou sténal advokát Paul Gast, sténal a tlačil, jak jeho ženě Heidrun Gastové zaskřehotala střeva průjmem.“(S. 19) •Kommentar: •Der Ausdruck „quaken“ kennen wir in der Verbindung, dass ein Frosch quakt. Die Übersetzerin wählte ein interessantes Äquivalent dazu, aber die Bedeutung des Verbs „zaskřehotala“ ist ein bisschen anders. Der bessere Ausdruck wäre z. B. „zakručela“. • •„Als das Fahren schon Gewohnheit war, fingen da und dort • Schmuseversuche an.“ (S. 17) •„Když jsme jízdě uvykli, objevily se tu a tam pokusy o cicmání.“ (S. 16) • „Atemschaukel“ – „Rozhoupaný dech“ •Schwierigkeiten: „eine harte Nuss“ •„Schreiben wir doch RUTH, so heißt niemand, den wir kennen. Ich schreibe RUHT.“ (S. 16) •„Napíšeme třeba KLAUDIE, tak se nejmenuje nikdo, koho známe. Já napíšu KLID.“ (S. 15) •Alliteration •„Meldekraut“ (S. 23) •„Lebeda lesklá bonzatá“ (S. 21) •Neologismus •