Wenn wir schweigen, werden wir unangenehm, sagte Edgar, wenn wir reden, werden wir lächerlich. Wir saßen schon 2u lange vor den Bildern auf dem Boden. Vom Sitzen waren meine Beine eingeschlafen. Mit den Wörtern im Mund zertreten wir so viel wie mit den Füßen im Gras. Aber auch mit Edgar schwieg. Ich kann mir heute noch keiq Grab vorstellen. Nur einen Gürtel, ein Fenster, eine Nuß und einen Strick. Jeder Tod ist für mich wie ein Sack. dem Schweigen. X. i I Lola kam aus dem Süden des Landes, und man sah ihr i eine armgebliebene Gegend an. Ich weiß nicht wo, vielleicht an den Knochen der Wangen, oder um den Mund, oder mitten in den Augen. Sowas ist schwer zu sagen, von einer Gegend so schwer wie von einem Gesicht. Jede Gegend im Land war arm geblieben, aucn in jedem Gesicht. Doch Lolas Gegend, und wie ma 1 sie ah den Knochen der Wangen, oder um den Mund, oder mitten in den Augen sah, war vielleicht ärmer. Mehr Gegend als Landschaft. Die Dürre frißt alles, schreibt Lola, außer den Schafen, Melonen und Maulbeerbäumen. | Aber nicht die dürre Gegend trieb Lola in die Stadt. Was ich lerne, ist der Dürre egal, schreibt Lola in ihr Heft. Die Dürre merkt nicht, wieviel ich weiß. Nur was ich bin, also wer. Etwas werden in der Stadt, schreibt Lola, und nach vier Jahren zurückkehren ins Dcrf. Aber nicht unten auf dem staubigen Weg, sondern oben, durch die Äste der Maulbeerbäume. > 1 3 Lola wollte vier Jahre Russisch studieren. Die Aufnahmeprüfung war leicht gewesen, denn Plätze gab es genug, an der Hochschule so viele wie in den Schulen im Land. Und Russisch war für wenige ein Wunsch. Wünsche sind schwer, schreibt Lola, Ziele sind leichter. Ein Mann, der etwas studiert, schreibt Lola, hat saubere Fingernägel. In vier Jahren kommt er mit mir, denn so einer weiß, daß er im Dorf ein Herr ist. Daß der Frisör'zu ihm nach Hause kommt und die Schuhe auszieht vor der Tür. Nie wieder Schafe, schreibt Lola, nie wieder Melonen, nur Maulbeerbäume, denn Blätter haben wir alle.