Antje hatte für vier Personen gedeckt. Zwei Gläser pro Person, eins für Wasser, eins für Wein. Mir fiel auf, dass die Gläser direkt auf dem Teakholz des Esstischs standen. In den Schubladen der Anrichte suchte ich nach Untersetzern. Jola redete viel. Ihre Hände flogen durch die Luft, als wollte sie Insekten verscheuchen. Das lange Haar schien ihr im Weg zu sein. Ständig schaufelte sie es von einer Seite zur anderen. Antje brachte kanarische Kartoffeln in Salzkruste, Champignons in Olivenöl und drei verschiedene Mojo-Saucen. Es ging um diesen Film. Jola war dabei, ein Buch über Lotte Hass zu lesen, und hatte abenteuerliche Vorstellungen vom Tauchen: im schicken Badeanzug ins Wasser springen und rasant die Flasche leer atmen, am besten Auge in Auge mit einem Walhai. Theo aß Kartoffeln. Eine nach der anderen, in gleichmäßigem Tempo, als verrichtete er eine Routinearbeit. Ich sagte, dass ich sie streng nach Vorschrift unterrichten würde. Sorgfalt und Sicherheit stünden in jeder Situation an erster Stelle. Es gehe nicht um Abenteuer, sondern um Sachkenntnis und Technikbeherrschung. Jola schob die Unterlippe vor und spielte kleines Mädchen. Ob sie sich nicht mit einem Walhai anfreunden könne? Ich sagte, dass wir Engelhaie sehen würden. Höchstens zwei Meter lang und die meiste Zeit flach am Boden liegend. Da verwandelte sich das kleine Mädchen in eine Strategin mit schmalen Augen und gefährlichem Lächeln. »Hauptsache, ich kann beim Casting sagen, dass ich mich mit Haien auskennc.« Ich dachte, dass sie es gar nicht nötig habe, sich so aufzuführen. Zwischen ihren Schneidezähnen befand sich eine >28< niedliche kleine Lücke, die dafür sorgte, dass ich ihr ständig auf den Mund schauen musste. Plötzlich lag ihre Hand auf meinem Arm. Ihr Augenaufschlag verriet Übung. Ob ich nicht glaubte, dass sie eine gute Lotte wäre? Theo schaute von seinem Teller auf. »Reiß dich zusammen«, sagte er. Es klang wie eine Ohrfeige. Antje zuckte zusammen, als hätte er sie gemeint. Der Wind bewegte die Vorhänge an den offenen Fenstern; es war ein wenig kühl geworden. Die Uhr an der Wand zeigte kurz vor sieben. Schon kroch die Nacht aus den Ecken des Raums. Ich stand auf, um das Licht einzuschalten und die Fenster zu schließen. »Magst du die Kartoffeln nicht?«, fragte Antje. »Doch«, sagte Jola, fischte schnell mit der Fland die kleinste aus der Schüssel und schob sie in den Mund. »Aber ich habe keinen rechten Hunger.« »Essstörungen«, erklärte Theo, leerte sein zweites Glas Wein und schenkte sich nach. »Sie ist ohnehin zu alt für die Rolle. Wenn sie auch noch fett wird, hat sie überhaupt keine Chance.« Er lachte wie über einen gelungenen Witz. Antje verschwand in der Küche, um das Kaninchen zu holen. Jola starrte auf ihren unbenutzten Teller. Mit Kunden war es wie mit Familienangehörigen. Man konnte sie sich nicht aussuchen. Während wir auf den Hauptgang warteten, überbrückte ich das Schweigen, indem ich noch einmal klärte, was wir voneinander erwarteten. Sie wollten zwei Wochen Exklusivbetreuung rund um die Uhr, mit unbeschränkter Anzahl von Tauchgängen, Erwerb des »Advanced Open Water Divcr« plus Nitrox-Zcrtifizicrung, dazu Unterkunft in der Casa Raya, Ausleihen des Equipments und Fahrdienst zu >2y<