D E R N A C H T W Ä C H T E R U N D D I E P F Ö R T N E R I N Der Nachtwächter Karel Novák geht ungeduldig vor dem Haupteingang der Philosophischen Fakultät auf und ab. Er lehnt sich an das Geländer und raucht nervös eine Zigarette. Als er merkt, dass sich die Pförtnerin nähert, die ihn ablösen soll, wirft er sofort den Stummel weg und eilt ihr entgegen. "Stell dir vor, was heute passiert ist. Ein Professor ist gestorben, ich habe seine Leiche im Kabinett gefunden!", beginnt er hastig. "Ach, das ist doch nicht möglich. Wer ist denn der Tote und wo hast du ihn gefunden?", fragte die noch ziemlich junge, aber stark beleibte Torwächterin, die sich immer über ihre Krampfadern und die damit verbundenen Schmerzen beschwert. "Weißt du, wo sich das hintere Kabinett des Germanistik-Instituts befindet? Es war schon relativ spät, ich saß vor der Glotze und guckte 'Wer wird Millionär`. Und weil es gerade so eine spannende Folge war, entschloss ich mich erst nach dieser auf meinen Kontrollgang zu gehen. Also war es schließlich so gegen 21.15 Uhr, als ich mich auf meine Runde machte. Zuerst habe ich den ersten Stock kontrolliert, hatte natürlich keinen Bock mehr noch weiter zu gehen, weil 'Kommissar Rex` schon angefangen hatte. Plötzlich sehe ich, dass im zweiten Stock noch Licht brennt. Ich dachte, dass jemand vergessen haben musste, das Licht auszumachen. Total sauer steige ich also die Treppe hoch, gehe um die Ecke und merke...", seine Stimme zittert ein bisschen und wird deutlich stiller, "...und da merke ich, dass die Tür halb offen steht!" "Ich wäre dort nie rein gegangen. Es wäre doch möglich, dass sich dort noch ein Dieb rumgetrieben hätte", erwiderte sie ängstlich. Da sieht Karel seine Chance, atmet tief ein und fängt an seine Erzählung ein bisschen zu schmücken. "Ich bin doch ein richtiger Mann. Ich habe nicht sofort Angst, wenn irgendwo irgendein Philosophus vergisst abzuschließen." Er beobachtet, welchen Eindruck er auf die Pförtnerin macht und führt fort. "Tja, ich bin also im Begriff, dorthin zu gehen, um es möglichst schnell zu erledigen..." Herr Novák macht eine kurze, spannungsgebende Pause. "Ich öffne die Tür und auf dem Boden liegt der Tote, den Telefonhörer in der Hand und der Telefonapparat liegt heruntergerissen neben dem Tisch." Sie fällt ihm hastig ins Wort und ruft: "Also Mord! Mord war das! Ach der arme junge Mann! Das ist die gewalttätige Welt von heute. Schon vor kleinen Kindern sollte man Angst haben, das macht das Fernsehen ...", stottert sie "...und die Computerspiele! Weißt du was?" Der Wachmann bricht ihre Gedankenströme ab und versucht das Missverständnis zu klären: "Der Tote war doch der alte nette Herr Prof. Vojtěch. Weißt du? Er blieb öfter abends in seinem Büro, er sagte, er habe dann mehr Ruhe für seine Arbeit. Ich habe selbstverständlich sofort den Rettungsdienst angerufen, es war aber schon für alle Versuche zu spät. Vermutlich war es sein Herz, man weiß es aber noch nicht sicher. Er hielt noch die Tropfen in der Hand. Ich verstehe das einfach nicht." "Es ist fürchterlich. Hat schon jemand seiner Familie Bescheid gesagt?", fragte sie voll von Mitgefühl. "Die Polizei wird sich schon drum kümmern. Die Polizei sollte sich ->SCHWARZE GEDANKEN VON A bis Z machen, nicht wir." "Stimmt! Also gut, dann einen schönen Feierabend, beruhige dich ein wenig und dann sehen wir uns morgen. "OK, vielen Dank, bis morgen." CAFÉ<-