E I N E D E R S C H W I E R I G S T E N... Alle standen da, auf der improvisierten Bühne, in den Händen wieder diese verflixten Papiere! Wenn sich das nächste Mal... Sie hat es wirklich satt!!! Peinlich, aber es muss schon raus. Ihre Stimme zitterte ein bisschen. Sie war jetzt erbost, meinte es todernst und man konnte es ihr auch ansehen. Sie war zwar die Regisseurin, die Chefin, aber hat alle immer für gleichwertige Partner gehalten. Diesmal muss sie doch zeigen, dass es so nicht weitergeht. Die Texte muss man halt lernen!! Alle sahen Lea zum ersten Mal so erbost. Keinesfalls war es ihnen angenehm, so was zu hören. Aber manchmal geht´s nicht anders, als einmal richtig Krach zu machen. An diesem Abend regte sich in allen das Gewissen. Lea hat´s geschafft, sie endlich dazu zu bringen, die Texte gründlich und aufmerksam durchzulesen und auch auswendig zu lernen. Aber um welchen Preis?! Obwohl Lea wusste, dass dies notwendig war, hatte sie kein gutes Gefühl. Üblicherweise endete der Abend nach der Probe in einer Kneippe. Diesmal aber kann sie nicht mitgehen. Sie ist schon mit ihren Kollegen verabredet. Jedoch weißt sie, dass es eher wie eine blöde Ausrede aussieht. Die "Kinder" ahnen, wie sie sich jetzt fühlt... Aber was, sie sollten auch mal erkennen, dass sie jemandem den Abend recht verderben können. Manchmal sind Schuldgefühle richtig platziert. Sehr richtig. Die ausgewählte Kneippe war voll. Sie suchten deshalb eine andere. Bis sie eine mit noch ein paar freien Plätzen fanden. Welch eine Überraschung! Markéta! Noch mit ein paar Leuten... Lea und die anderen Lektoren setzten sich zu einem Tisch mit den Studenten und plauderten über alles Mögliche. Lea saß gegenüber Markéta. Die erfahrene "Theatermacherin" konnte erkennen, wie besorgt Lea war, und deswegen fing sie an, über das Theater zu erzählen. Normalerweise lernen alle den Text erst eine Woche vor der Premiere, denn die Profis sagen, dass nur Feiglinge den Text lernen. Ihre Rede hat Lea beruhigt und begann zu glauben, dass man sowieso die größten Fortschritte erst in der letzten Woche macht. Sie muss es glauben, jetzt hat sie keine andere Wahl mehr. "In der letzten Woche schaffst du mehr, als in den acht oder mehr Monaten zuvor. Und wir haben einen großen Vorsprung. Wir gingen alle Szenen durch. Ich habe erlebt, dass es eine Woche vor der Premiere noch Auftritte gab, die wir nie geprobt hatten. Und erst in der letzen Woche kümmerten wir uns um die Requisiten und Kostüme. Wir haben schon fast alles. Hab keine Angst. Das Lampenfieber und der natürliche Stress verwandeln auch die größten Phlegmatiker zu brauchbaren Schauspielern." Diese Worte waren ihr eine richtige Heilsalbe für ihre Seele! Lea fragte noch Markéta, wie lange sie eigentlich schon Theater spielt. Als sie erfuhr, dass schon seit zehn Jahren, war es ihr klar, dass dies alles nicht nur ein leerer Trostversuch war. Markéta gab dann der Lea noch ein paar gute Ratschläge, die Lea später häufig benutzte. Und fast nimmer vergaß sie zu erwähnen, dass es nicht aus ihrem eigenen, sondern aus Markétas Kopf ist. Die Zeit näherte sich und man konnte schon spüren, dass diese Probe am Dienstag, nicht an der Uni, sondern in einem Saal in einem Studentenwohnheim, anders sein wird. Es war die vorletzte vor der Budweisreise. Alle waren müde, erschöpft, aber versuchten ihr Bestes zu tun. Es war alles so, wie Markéta damals in der Kneippe prophezeite. Die letzte Probe dauerte bis neun und für den Pförtner an der Uni war es eine Zumutung, ja eine recht verdächtige Angelegenheit, dass sich jemand so spät in der Germanistik aufhält. Seitdem er damals die Leiche gefunden hatte, kam ihm alles verdächtig vor. Hat er es aber der Kollegin richtig geschildert, ja, er kann schon merken, wie sie ihn bewundert. Er ist in diesem Gebäude (bei aller Bescheidenheit) eine der wichtigsten Personen. Was hätte das arme Weib in seiner Situation gemacht! Und seine Wichtigkeit muss er allen zeigen. Lea und die anderen waren aber mit ihren Gedanken in einer anderen Welt, sie haben nicht richtig mitbekommen, was für geschwollene Reden der alte Wichtigtuer führt. Sie hatten im Kopf Requisiten, Kostüme, Texte und andere Dinge, die sie vor der Abreise nicht vergessen dürfen. Es wäre nicht so lustig gewesen, hätte alles plangemäß verlaufen. Jitka brach schon eine Woche vor der Abfahrt zusammen. Sie hatte nur eine winzige Rolle, aber war so nervös, dass sie zur Mitfahrt nicht fähig war. Glücklicherweise konnte einer der mitfahrenden deutschen Lektoren für Jitka einspringen. Später lies Lea zu, dass es ohne Jitka viel besser war. Denn was hätte man mit ihr tun sollen und können, wenn sie erst in Budweis zusammengebrochen wäre?? Jitka hat im Voraus angemeldet, dass sie sich nicht fit fühlt und man konnte damit noch was machen, aber Lucie...!!! Diese verkörperte Komplikation! Ihre Rolle war zwar nicht groß, aber keiner konnte für sie einspringen. Gestern schaffte sie es zu der Probe nicht, jetzt fehlt die Prinzessin wieder, obwohl der Zug in ein paar Minuten wegfährt. Mindestens planmäßig... Wie stellt sie es sich eigentlich vor? Sie ist für die anderen da und nicht diese für sie! Uuuuf!!! Alle waren erleichtert, als sie in der letzten Minute auftauchte. Sollte sie ihr was sagen? Oh nein, Ende gut, alles gut. Na ja, aber es ist erst ->DER RICHTIGE ANFANG ... ERNST not