S C H W A R Z E G E D A N K E N V O N L. Weiß Adam überhaupt, was er mir gegeben hat? -- dachte Lea, nachdem sie die ersten zwei Akte gelesen hatte. Die Wortspiele sind ganz gut und können bühnenwirksam sein, wenn die gut gespielt werden. Aber sonst? Die Handlung ist nicht nachvollziehbar, falls es überhaupt eine Handlung hat. Das Publikum? Würde es geduldig auf Godot warten, oder beginnt es in diesem Augenblick unzufrieden zu pfeifen? Illokution, Modalverben, Wer reitet so... vor allem die Präpositionen werden ihren Schauspielern gefallen. Hat es wirklich Vojtìch geschrieben? Dieses? Woher kann er es gehabt haben? Er hatte doch keine Beziehung zu Mathe... Aber warum nicht, nicht jeder aus ihrer Gymnasialklasse widmet sich der Sprach-, bzw. Literaturwissenschaft. Und er soll in der Jugend ein guter und beliebter Witzbold gewesen sein. Nicht jeder, den man hinter dem Lehrerpult für einen strengen Patron ohne Sinn für Humor hält, muss es auch sein. Wie hätte es gewirkt, wenn Vojtìch in seiner Stellung und in seinem Alter kein entsprechendes Image gehabt hätte? Und die Komiker wollen in ihrem Privatleben auch sehr ernste Menschen sein... Und die politischen Anspielungen? Wem von den jungen Leuten in der Gruppe wird´s noch was sagen? Können sie älter als 23 sein und später als mit 7 die Wende erlebt haben? 'Die Einführung in die Geschichte und Kultur' kann das hautnahe Erlebnis nicht ersetzen. Nach dem vierten Akt war Lea noch mehr verwirrt... Was will Adam damit bezwecken? Ist die Wahl des neuen Dekans wichtiger, oder die Beziehung zwischen A und B, die ersichtlich nicht freundlich ist? Sie las, nichts erwartend, weiter und formulierte schon ihre Ablehnung gegenüber Adam. Aber andererseits sind einzelne Repliken gar nicht schwierig, nicht viele Requisiten braucht man, nur das Technische scheint ein bisschen kompliziert zu sein. Aber wird es bei Dürenmatt einfacher sein? Das Einfachste wäre wohl Handkes 'Publikumsbeschimpfung.' Einige Studenten würden es ohne Mühe spielen, wenn einige der Dozenten im Publikum säßen... dann würden auch andere Dozenten gerne mitspielen. Ach so, Konflikt zwischen A und B, die in demselben Institut arbeiten... Mit naiver Neugierde las sie weiter... und war schockiert. Wohin hat sie die Flasche gesteckt? Allein trinken, das tun nur Alkoholiker, aber sie kann nicht anders. Jedem muss es da klar sein, dass Vladimír der A ist und Vojtìch... Adam muss das gewusst haben! Vielleicht hat ihm Vojtìch auch den Inhalt erzählt. Der arme Vojtìch! Er war sicher stolz darauf, wie er kombinieren kann und wie absurd er sein Drama enden ließ, und dabei... Der Vladimír... sie liebt einen Mörder! Wo ist die Flasche? Sie wusch ihr blasses Gesicht mit kaltem Wasser, aber die erwartete Entspannung kam nicht. Der obere Regal im Küchenschrank... wo ist die Flasche? Was war eigentlich drin? Jelzin Orange... Ja, aber sie hat keinen Orangensaft. Na und? Diesmal schafft sie´s ohne... Wenn sie den Jelzin überhaupt findet... Nein, da muss Adam falsch interpretiert haben! Vladimír kann kein Mörder sein, Adam will ihr nur seine blöde Meinung aufzwingen, auch wenn er es leugnet... er wolle sie zu nichts zwingen... Lea lächelte und griff nach der Flasche, die sie in der schrankartigen Speisekammer endlich gefunden hat. Nicht viel ist drin... Sie hat sich mit keinem Ins-Glas-Gießen aufgehalten und entnahm die Flüssigkeit gierig direkt dem Flaschenhals. Das hat sie gebraucht! Vladimír kann nichts Böses verbrochen haben, sie muss den Unschuldigen vor Adams weiteren Schritten bewahren! Aber wie? Der Film mit den wenigen Treffen hat sich in ihrem Kopf langsam abgespult. Er war der erste Mann, der ihr in der Tür Vortritt ließ, allerdings nicht, im Einklang mit der Etikette,, wenn sie ein Café betraten... Immer war er nett, hat gelächelt, sogar gelacht, als ob er glücklich mit ihr gewesen wäre... Er half ihr aus dem und in den Mantel... aber, was sie nur von Filmen und Romanen gekannt hatte -- er bot ihr den Stuhl an und setzte sich erst, nachdem sie sich gesetzt hatte. Er kann doch nicht... Aber nicht jeder, der so und so aussieht, muss wirklich so sein. Vielleicht willer sich zuerst nur zeigen... Noch einen Schluck... zwei, drei. Und jetzt wird starker Kaffe mit viel, viel Sahne gekocht. Über dem Text sitzend, den starken Kaffe trinkend, nach der leeren Flasche schielend, hat sie gespürt, dass sie eigentlich einen Wolfshunger hat. A und Vladimír -- immer im Anzug, Haarpomade ist ihm ab und zu auch nicht fremd, Parfüm ist sein ständiger Begleiter... arrogant soll er sein, er hänge seinen Mantel nach dem Winde... B und Vojtìch -- hat sie ihn überhaupt in einem Anzug gesehen? Nicht einmal bei der Zwischenprüfung! Immer wenn Lea erregt war, suchte sie Hilfe im Kühlschrank... Ja, in der letzten Woche muss sie viel Sorgen gehabt haben... Der Kühlschrank war fast leer. Immer alte Jeans, im Wintersemester einen schwarzen Nickipullover, im Sommersemester höchstens zwei T-Shirts wechselnd... Nicht viel gesprochen, jedoch immer seine eigene Meinung, keine Familie, nur die Arbeit. Die Handschrift entspricht den Briefen... und der Selbstmord? Mindestens Spiegeleier kann sie zum Abendessen machen. Sie machte das Radio an. Don´t worry, be happy... Leicht gesagt... Falls sie es schafft, darf ihr Vladimír nichts anmerken. Wie immer wird sie ihm über die alten Professoren in Regens... Ihr Gott! Regensburg. Hat Adam nichts über das Humboldt-Stipendium gesagt? Da muss sie eigentlich ein ->REGENSBURGER GESPRÄCH mal richtig führen... Abner zuesrt muss sie eine andere ->ENTSCHEIDUNG treffen. Deshalb so ein Interesse für die Heimatstadt der Kleinen, die er "liebt". Nicht übertreiben, über Liebe ist noch kein einziges Wort gefallen, und fällt nicht. Jetzt nicht mehr. Sie bringt es nie über ihre Lippen, auch wenn es tausendmal wahr wäre... Um gottes willen! Was soll sie machen? Und das Radio antwortete: Don´t worry, be happy... THEATERGRUPPEnot -pj-