Auf Vorschlag der Regierung bestimme ich:
§ 11. Alle vermögensrechtlichen Übertragungen und alle vermögensrechtlichen Geschäfte, gleichgültig, ob es sich um bewegliches oder um unbewegliches, öffentliches oder privates Vermögen handelt, sind ungültig, sofern sie nach dem 29. Oktober 1938 unter dem Druck der Okkupation oder der nationalen, rassischen oder politischen Verfolgung abgeschlossen worden sind.
2. Die Art der Geltendmachung von Ansprüchen, welche sich aus der Bestimmung des Abs. 1 ergeben, wird durch ein besonderes Dekret des Präsidenten der Republik geregelt werden, sofern dies nicht schon durch dieses Dekret erfolgt ist.
§ 21. Das Eigentum staatlich unverläßlicher Personen auf dem Gebiete der tschechoslowakischen Republik wird gemäß der weiteren Bestimmung dieses Dekrets unter nationale Verwaltung gestellt.
2. Als Eigentum staatlich unverläßlicher Personen wird auch das durch diese Personen nach dem 29. 10. 1938 übertragene Eigentum angesehen, es sei denn, daß der Erwerber keine Kenntnis von dem Umstand hatte, daß es sich um ein solches Eigentum handle.
§ 3Die nationale Verwaltung muß in allen Unternehmungen (Betrieben) und über alle Vermögenssubstanzen eingeführt werden, wo es der laufende Gang der Erzeugung und des wirtschaftlichen Lebens erfordert, insbesondere in verlassenen Betrieben, Unternehmungen und Vermögenssubstanzen oder in solchen, welche sich im Besitz, in der Verwaltung, in Miete oder Pacht staatlich unverläßlicher Personen befindet.
§ 4Als staatlich unverläßliche Personen sind anzusehen:
Von den juristischen Personen sind jene als staatlich unzuverlässig anzusehen, deren Verwaltung absichtlich und bewußt der deutschen oder magyarischen Kriegsführung oder faschistischen oder nazistischen Zwecken gedient hat.
§ 6Als Personen deutscher und magyarischer Nationalität sind jene anzusehen, welche bei irgend einer Volkszählung seit dem Jahre 1929 sich zur deutschen oder magyarischen Nationalität bekannt haben oder welche Mitglieder von nationalen Gruppen oder Formationen oder politischer Parteien geworden sind, in denen Personen deutscher oder magyarischer Nationalität vereinigt waren.
§ 71. Für die Einführung der nationalen Verwaltung sind zuständig:
2. Falls der Schätzwert des Vermögensobjektes [lit. e) und f)], sobald es unter nationale Verwaltung gestellt wird, zweifelhaft ist, setzt eine höhere Stelle den Wert endgültig fest.
3. In Gemeinden und Bezirken, wo an Stelle des národní výbor (Nationalausschuß) eine Verwaltungskommission bzw. ein Verwaltungskommissar ernannt worden ist, fällt die Einführung der nationalen Verwaltung in deren Kompetenz.
§ 81. Die Entscheidung im Sinne des § 7 muß bei den in § 7 [lit. a), b), c), d)] angeführten Unternehmungen im Einvernehmen mit dem Betriebsausschuß (Betriebsrat) oder anderen Vertretern der Angestellten der Unternehmen getroffen werden. Wenn es zu keiner Einigung kommt, entscheidet eine höhere Stelle.
2. Bei landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Vermögensobjekten, die 50 ha überschreiten, muß die Entscheidung nach Anhörung des zuständigen örtlichen Nationalausschusses getroffen werden.
§ 9Wenn Gefahr im Verzuge ist, besonders, wenn es sich um ein verlassenes Objekt handelt, oder wenn staatlich unzuverlässige Personen auf den Besitz oder in das Unternehmen Eingriffe ausüben, ist der Okresní národní výbor (Kreis-Nationalausschuß) berechtigt, auch bei anderweitiger Kompetenz einen provisorischen nationalen Verwalter bis zur Entscheidung des zuständigen Organes im Sinne des § 7 zu ernennen.
§ 101. Der zuständige Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat), kann nach Anhörung des Betriebsausschusses, wenn dies das öffentliche Interesse erfordert, von amtswegen die Entscheidung des Okresní národní výbor (Kreis-Nationalausschuß) oder des Místní národní výbor (Orts-Nationalausschuß) über die Einführung der Verwaltung oder über die Ernennung von nationalen Verwaltern abändern und andere Maßregeln treffen.
2. Der zuständige Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat), trifft ebenfalls Maßregeln zur Einführung der nationalen Verwaltung dort, wo dies der Okresní oder Místní vybor (Kreis- oder Ortsausschuß) nicht durchführen konnte.
§ 11Die nationale Verwaltung ist dann aufzuheben, sobald die Gründe wegfallen, wegen deren sie eingeführt worden ist. Sie wird durch dasjenige Organ aufgehoben, welches sie eingeführt hat.
§ 121. Eine vorübergehende nationale Verwaltung ist in allen genossenschaftlichen Unternehmungen und Organisationen (landwirtschaftliche, Konsum-, Geld-Genossenschaften usw.) einzuführen. Diese nationale Verwaltung sichert neben der ordentlichen Führung des Unternehmens die Durchführung der Wahl eines neuen führenden Organes binnen 4 Wochen.
2. Eine provisorische nationale Verwaltung führt der Místní národní výbor (Orts-Nationalausschuß) bei jenen Genossenschaften ein, deren Wirkungskreis den lokalen Umkreis nicht überschreitet; der Okresní národní výbor (Kreis-Nationalausschuß) bei Genossenschaften, deren Wirkungskreis über den lokalen Umkreis hinausreicht, jedoch den Umfang des Bezirkes nicht überschreitet; bei allen anderen Genossenschaften der Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat).
3. Vor Einführung der provisorischen nationalen Verwaltung sind nach Möglichkeit die Genossenschaftsmitglieder anzuhören.
4. Die vorübergehende nationale Verwaltung wird beendet, sobald die Mitglieder der Genossenschaft eine neue Verwaltung gewählt haben.
§ 13Der zuständige Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat), kann aus triftigen Gründen die nationale Verwaltung auch in Fach-, Wirtschafts-, Kultur- und Interessen-Organisationen und -Anstalten einführen.
§ 141. Die Entscheidung über die Einführung und Aufhebung der nationalen Verwaltung, über die Einsetzung und Abberufung der nationalen Verwalter muß schriftlich bekanntgegeben werden.
2. Eine Abschrift der Entscheidung ist dem Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat), einzusenden.
§ 15Die Entscheidung gemäß §14 führt von amtswegen durch:
1. Als nationaler Verwalter kann nur eine moralisch einwandfreie, staatlich zuverlässige Person mit entsprechenden Fach- und praktischen Kenntnissen eingesetzt werden.
2. In der Regel soll als Verwalter weder ein Schuldner noch ein Gläubiger des Unternehmens (Betriebes) oder der Vermögenssubstanz eingesetzt werden, außer daß das gemäß § 7 zuständige Organ begründeterweise eine andere Entscheidung trifft.
3. Die nationale Verwaltung muß in der Regel aus fähigen Angestellten des betreffenden Betriebes bestehen.
4. Als nationaler Verwalter kann nicht ein Mitglied des nach § 7 zuständigen Národní výbor (Nationalausschuß) ernannt werden.
§ 171. Bei kleineren Vermögensobjekten, bei kleinen Unternehmungen, bei kleineren gewerblichen Betrieben u. dgl. kann ein einziger nationaler Verwalter für mehrere Unternehmungen bzw. Vermögensobjekte eingesetzt werden.
2. Wenn es der Umfang der nationalen Verwaltung erfordert, kann das nach § 7 zuständige Organ als nationalen Verwalter eine fünfgliedrige Kommission einsetzen, welche die Verwaltung nach dem Majoritätsprinzip führt.
§ 18Vor Amtsantritt leisten die nationalen Verwalter der nach § 7 zuständigen Stelle die entsprechende Angelobung, daß sie ihre Pflichten gewissenhaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Wirtschafters im Einklange mit den wirtschaftlichen, nationalen und anderen Interessen führen werden.
§ 19In der Ausübung ihrer Funktion haben die nationalen Verwalter die Stellung öffentlicher Organe im Sinn des § 68 des Strafgesetztes vom 27. 5. 1852 Nr. 117 R.G.Bl., § 461 des Gesetzes Art. V/1878 bzw. § 5 des Gesetzes Art. XI/1914.
§ 201. Rechtsgeschäfte der Eigentümer, Besitzer und Verwalter der unter nationale Verwaltung fallenden Vermögensobjekte, welche sich auf die Substanz dieser Vermögensobjekte beziehen und nach der Wirksamkeit dieses Dekretes durchgeführt wurden, sind ungültig.
2. Die bisherigen Eigentümer, Besitzer und Verwalter der unter nationale Verwaltung fallenden Vermögensobjekte sind verpflichtet, sich eines jeden Eingriffes in die Handlungen der nationalen Verwalter zu enthalten.
§ 21Der nationale Verwalter verwaltet das unter nationale Verwaltung gestellte Vermögen und ist berechtigt und verpflichtet, alle Anordnungen zu treffen, welche für eine ordentliche Führung notwendig sind. Er ist verpflichtet, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Wirtschafters zu handeln und haftet für den Schaden, welcher durch Vernachlässigung seiner Pflichten entsteht.
§ 221. Der nationale Verwalter ist verpflichtet, der nach § 7 zuständigen Stelle über seine Wirtschaft zu den durch diese Stelle bestimmten Terminen Rechnung zu legen und jederzeit die notwendigen oder angeforderten Auskünfte und Aufklärungen zu geben.
2. Zu den Maßregeln, welche nicht zu einer gewöhnlichen Wirtschaft gehören sowie zu allen Handlungen besonderer Wichtigkeit, zum Vermieten und Verpachten, zur Aufnahme von Darlehen, zur grundbücherlichen Belastung, zur Liquidation u. dgl. benötigt der nationale Verwalter die Genehmigung der nach § 7 zuständigen Stelle.
3. Die nach § 7 zuständige Stelle beaufsichtigt die Wirtschaft des nationalen Verwalters.
4. Der nationale Verwalter ist verpflichtet, sich an die Richtlinien zu halten, welche ihm die nach § 7 zuständige Stelle oder der Vorgesetzte des Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat), bzw. bei Unternehmen (Betrieben) mit gesamtstaatlicher Wirksamkeit das ressortmäßig zuständige Ministerium erteilt hat.
§ 23Der nationale Verwalter hat Anspruch auf Ersatz der Barauslagen und auf eine Entlohnung, deren Höhe die nach § 7 zuständige Stelle bestimmt. Diese Auslagen gehen zu Lasten der verwalteten Vermögenssubstanz.
§ 241. Das unter nationale Verwaltung gestellte Vermögen, welches Arbeitern, Landwirten, Gewerbetreibenden, kleinen und mittleren Unternehmern, Beamten, Angehörigen freier Berufe und in ähnlicher sozialer Stellung befindlichen Personen gehörte und das sie infolge nationaler, politischer oder rassischer Verfolgung eingebüßt haben, ist, sofern es sich nicht um die in § 4 genannten Personen handelt, aus der nationalen Verwaltung auszuscheiden und sofort den früheren Besitzern bzw. deren Erben zurückzustellen.
2. Auch die im § 4 Abs. a) angeführten Personen, sofern es sich um Arbeiter, Landwirte, Gewerbetreibende, kleine und mittlere Unternehmer, Beamte, Angehörige der freien Berufe und Personen in ähnlicher sozialer Stellung bzw. ihre Erben handelt, können um Ausscheidung ihres Vermögens aus der nationalen Verwaltung und um Rückstellung desselben ansuchen, wenn sie glaubwürdig nachweisen können, daß sie ein Opfer der politischen oder rassischen Verfolgung gewesen sind und daß sie der demokratisch-republikanischen Staatsidee der tschechoslowakischen Republik treu geblieben sind.
3. Über das bezügliche Ansuchen entscheidet die nach § 7 zuständige Stelle.
4. Das übrige beschlagnahmte Vermögen verbleibt unter nationaler Verwaltung bis zu einer neuen gesetzmäßigen Regelung.
§ 251. Gegen die Entscheidung des Místní národní výbor (Orts-Nationalausschuß) ist die Berufung an den Okresní národní výbor (Kreis-Nationalausschuß) zulässig, welcher endgültig entscheidet.
2. Gegen die Entscheidung des Okresní národní výbor (Kreis-Nationalausschuß) als erster Instanz ist die Berufung an den Zemský národní výbor (Landes-Nationalausschuß), in der Slowakei an die Slovenská národní rada (Slowakischer Nationalrat) zulässig.
3. Eine Berufung hat keine aufschiebende Wirkung.
§ 26Falls keine schärfer zu ahndende Handlung vorliegt, wird wegen einer Übertretung mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren und einer Geldstrafe bis zu 10 Millionen Kronen, gegebenenfalls mit gänzlicher oder teilweiser Vermögenskonfiskation bestraft:
Die Regierung wird ermächtigt, die finanziellen Mittel zur Sicherstellung des Ganges der unter nationale Verwaltung gestellten Unternehmungen (Betriebe) bereitzustellen, deren Betrieb notwendig ist und im Interesse des Wirtschaftslebens liegt.
§ 281. Dieses Dekret tritt mit dem Tage der Kundmachung in Kraft.
2. Es wird von der Regierung durchgeführt.
[gez.:]
Dr. Eduard Benes Zd. Fierlinger
Gottwald, Srámek, David, Ján Ursíny, Siroký, Václ. Nosek, Dr. V. Srobár, Pietor, Dr. H. Ripka, J. Duris, Dr. Soltész, A. Procházka, Svoboda, Nejedlý, gen. Hasal, Frant. Hála, J. Stránský, V. Majer, B. Lausman, Dr. V. Clementis, téz za min. J. Masaryka, gen. Dr. Ferjencik, J. Lichner