Erklärung der Vertreter der bedrückten österreichisch-ungarischen Völker vom 17. Mai 1918

Die Vertreter der an den Feierlichkeiten des Nationaltheaters beteiligten Nationen, von Nationen, welche seit Jahrhunderten unter dem Drucke einer fremden Oberherrschaft leiden, haben sich am 17. Mai 1918 versammelt und ihrem einmütigen Willen Ausdruck verliehen, alles zu tun, was in ihren Kräften steht, damit ihre Völker in diesem furchtbaren Kriege ihre Befreiung erringen und auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes auferstehen zu einem neuen freien Leben in eigenen, unabhängigen Staaten.

Sie sind einig in der Überzeugung, dass die bessere Zukunft ihrer Völker gegründet und dauernd gewährleistet sein wird durch die festen Grundlagen der Weltdemokratie, in einer wirklichen und souveränen Volksregierung der Nationen und durch einen allgemeinen mit schiedsrichterlicher Gewalt ausgestatteten Bund der Nationen...

Sie lehnen auf das entschiedenste alle Staatsverträge ab, welche nicht durch eine souveräne Willensäußerung der Nationen bestätigt sind. Sie sind überzeugt, dass der Frieden, den sie mit allen übrigen demokratischen Parteien und Nationen der Welt ersehnen, nur dann gerecht und dauernd sein kann, wenn er die Welt von den in der heutigen Zeit unerträglichen Über Ordnungen einer Nation über die andere befreit, und es ermöglicht, dass die Nationen zur Abwehr vor den Schrecknissen des Imperialismus ihr Zusammenleben auf Grund gleicher Rechte und freier Einigungen von Volk zu Volk regeln. Und sie sind entschlossen, zu diesem Zwecke solidarisch alle Opfer zu bringen in der Überzeugung, dass in diesen schicksalsschweren Zeiten ihrer Völker einer für den anderen stehen muss, dass der Sieg des einen auch den Sieg der übrigen bedeutet, dass diese gesamte Arbeit nicht nur im Dienste ihrer Völker geleistet wird, sondern im allgemein menschlichen Interesse geschieht, und die Bemühungen der gesamten Zivilisation fördert, damit die Menschheit nach den Erfahrungen dieses beispiellosen Krieges dauernd und für alle Zeiten aus dem althergebrachten Zustande der internationalen Gewalt und des Völkermordens übergehe in ein großes Zeitalter der Herrschaft des Völkerrechtes, der Verbrüderung sich selbst regierender Völker, der bürgerlichen Gleichheit und der wirklichen Menschlichkeit.

Abbildungsquelle:
Epstein, Leo: Studienausgabe der Verfassungsgesetze der Tschechoslowakischen Republik. Reichenberg, 1932.
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