Konstituierung der deutschböhmischen Landesversammlung
vom 29. Oktober 1918

Wir vom deutschen Volke Böhmens auf Grund des allgemeinen, gleichen und unmittelbaren Wahlrechtes erwählten Abgeordneten haben uns zu dieser vorläufigen Landesversammlung vereinigt, um auf Grund des allgemein anerkannten S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t e s der V ö l k e r und der Beschlüsse der deutsch-österreichischen Nationalversammlung in unserem Siedlungsgebiete eine geordnete Verwaltung aufzurichten und so unser Volk vor Fremdherrschaft und wirtschaftlichem Elend zu bewahren. Die Landesversammlung ist Dienstag den 29. Oktober 1918 im niederösterreichischen Landhause zusammengetreten und hat nachstehende Beschlüsse gefasst:

  1. Im Namen des von ihr vertretenen Volkes und Gebietes erklärt die Landesversammlung D e u t s c h - B ö h m e n a l s e i g e n b e r e c h t i g t e Provinz des S t a a t e s D e u t s c h - Ö s t e r r e i c h , erkennt bis zur endgültigen Ordnung der Verfassung die Montag den 21. Oktober 1918 im Landhause zu Wien gebildete deutsch-Österreichische Nationalversammlung als ihre einzige und höchste gesetzgebende Körperschaft, die von ihr eingesetzten Behörden als ihre übergeordneten Behörden an, und erklärt die Beschlüsse der deutsch-österreichischen Nationalversammlung und die Anordnungen der deutschÖsterreichischen Behörden für sich selbst, wie für das vom Landtage vertretene Volk und Gebiet ohne Vorbehalt für bindend. Die Provinz Deutschböhmen steh somit zu gleichen Rechten und Pflichten den übrigen Ländern Deutsch-Österreichs zur Seite und gelobt, deren Schicksal in unverbrüchlicher Gemeinschaft und Treue zu teilen.
  2. Bis zur Regelung der Verfassung und Verwaltung Deutsch-Österreichs auf demokratischer Grundlage gibt sich Deutschböhmen folgende vorläufige Verfassung:……
……

Danach hat der Landtag folgende Beschlüsse gefasst:

  1. Die Landesregierung wird aufgefordert, der deutschösterreichischen Nationalversammlung von der Konstituierung der Provinz Deutschböhmen Mitteilung zu machen, die Genehmigung der gefassten Beschlüsse sowie die Bestätigung der Gewählten einzuholen und das Land unter den Schutz der Nation zu stellen.
  2. Der Landeshauptmann hat sich ohne Verzug mit dem deutsch-österreichischen Vollzugsausschusse ins Einvernehmen zu setzen, um die Verwaltungsgeschäfte der bisherigen k. k. Behörden und der böhmischen Landesverwaltungskommission für das Gebiet Deutschböhmen zu übernehmen.
  3. Bestrebt, das Selbstbestimmungsrecht Deutschböhmens zu wahren, ohne berechtigte Ansprüche der Tschechen abzulehnen, beauftragt der Landtag den Landeshauptmann, sich über die Einrichtung einer besonderen vorläufigen Verwaltung in den offenkundig gemischtnationalen Gemeinden des Landes bis zur endgültigen Ordnung der Verhältnisse mit den Vertretern des tschechischen Volkes ins Einvernehmen zu setzen.
  4. Der Landesausschuss ist ermächtigt, ein Darlehen bis zum Betrage von 100 Millionen Kronen aufzunehmen und im Namen des Landes Verträge zu schließen und Zahlungen zu leisten.
  5. Diese Beschlüsse sind in allen Gemeinden des Landes durch Maueranschlag kundzumachen.
Abbildungsquelle:
Epstein, Leo: Studienausgabe der Verfassungsgesetze der Tschechoslowakischen Republik. Reichenberg, 1932.
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