Deklaration des slowakischen Nationalrates in Turz St. Martin
vom 30. Oktober 1918

Die Vertreter aller slowakischen politischen Parteien, versammelt am 30. Oktober 1918 in Turz St. Martin und organisiert in dem Nationalrate des slowakischen Zweiges des einheitlichen tschechoslowakischen Volkes verharren auf dem von .der ganzen Welt angenommenen Grundsatze des S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t e s der Völker. Der Nationalrat erklärt, dass er namens des innerhalb der G r e n z e n U n g a r n s w o h n e n d e n t s c h e c h o s l o w a k i s c h e n Volkes allein berechtigt ist, zu sprechen und zu handeln. Nicht hierzu berechtigt ist die ungarische Regierung, welche Jahrzehnte hindurch keine wichtigeren Aufgaben gekannt hat, als alles zu unterdrücken, was slowakisch ist, welche unserem Volke nicht eine einzige Schule errichtet und erlaubt hat, welche nicht gestattet hat, dass slowakische Volksgenossen in die öffentliche Verwaltung und die Ämter gelangen, und welche unser Volk durch ihre mittelalterliche feudale Verfassung und Politik materiell vernichtet und ausgebeutet hat.

Nicht berechtigt im Namen des slowakischen Volkes zu sprechen sind auch die sogenannten Vertretungskörper, welche auf Grund eines engen Wahlrechtes zusammengesetzt sind, welche eine Willensäußerung des Volkes nicht zulassen, da sie aus Leuten bestehen, die entgegen dem Gesetze in den Ausschüssen der rein slowakischen Komitate nicht ein s 1 o w a k i s c h e s Wort zugelassen haben. Nicht berechtigt sind auch die Volksversammlungen, welche unter dem Druck fremder Gewalt Beschlüsse fassen. Namens des slowakischen Volkes in der Slowakei ist daher allein der slowakische Nationalrat zu sprechen befugt. Der Nationalrat der tschechoslowakischen Nation in Ungarn erklärt:

  1. Die s l o w a k i s c h e N a t i o n ist sprachlich und kulturhistorisch ein T e i l d e r e i n h e i t l i c h e n t s c h e c h o s l o w a k i s c h e n N a t i o n. An allen Kulturkämpfen, die die tschechische Nation geführt hat, und die sie auf der ganzen Welt bekanntgemacht haben, hatte auch der slowakische Zweig seinen Anteil.
  2. Für diese tschechoslowakische Nation verlangen auch, wir das unbeschränkte Selbstbestimmungsrecht auf der Grundlage völliger Unabhängigkeit. Auf Grundlage dieses Prinzips erklären wir unsere Zustimmung mit dem neugebildeten internationalen Rechtszustande, den Präsident Wilson am 18. Oktober 1918 formuliert hat und den der Österreichisch-ungarische Minister des Äußeren am 27. Oktober 1918 anerkannte.
  3. Wir verlangen den augenblicklichen Friedensschluss, u. zw. auf allgemein menschlichen, christlichen Grundlagen, damit der Frieden ein solcher werde, daß er durch internationalrechtliche Garantien einen weiteren Krieg und weitere Rüstungen unmöglich mache. Wir sind überzeugt, daß unser strebsames und begabtes slowakisches Volk, welches trotz unerhörten Druckes einen solchen Grad nationaler Kultur erreicht hat, nicht ausgeschlossen sein wird von den Segnungen des Friedens und aus dem Bunde der Völker, sondern daß es auch ihm vergönnt sein wird, nach seiner Eigenart sich zu entwickeln und nach seinen Kräften zum allgemeinen Fortschritt der Menschheit beizutragen.
Abbildungsquelle:
Epstein, Leo: Studienausgabe der Verfassungsgesetze der Tschechoslowakischen Republik. Reichenberg, 1932.
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